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                            a-t 2012; 43: 49-52nächster Artikel
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MEDIKAMENTÖSE RAUCHERENTWÖHNUNG I*

* Teil II mit Diskussion von Vareniclin, Bupropion und anderen Mitteln folgt.

Rauchen gilt als wichtigste vermeidbare Ursache von Krankheiten und vorzeitigem Tod. Es erhöht das Risiko für unterschiedliche Krebsformen, Lungenerkrankungen und atherosklerotische Komplikationen. Beim Tabakrauchen stehen Zigaretten im Vordergrund, Pfeifentabak oder Zigarren spielen zahlenmäßig eine untergeordnete Rolle.

Zahlreiche der mehr als 4.500 Inhaltsstoffe des Tabaks sowie beim Verbrennungsprozess entstehende Substanzen sind toxisch und werden für die Gesundheitsschäden verantwortlich gemacht, unter anderem Formaldehyd, Kohlenstoffmonoxid, Blausäure, Kadmium, Benzo[a]pyren und Polonium-210.1 Nikotin, das Hauptalkaloid der Tabakpflanze, gilt als entscheidende Komponente für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Abhängigkeit. Die Rolle anderer Alkaloide wie Norharman ist unzureichend geklärt.1 Nach Aufnahme mit dem Zigarettenrauch gelangt Nikotin innerhalb weniger Sekunden in das Gehirn und führt über die Bindung an nikotinerge Azetylcholin-Rezeptoren rasch zu subjektiv angenehmen Empfindungen.2 Dabei kann je nach Situation entspannendes oder stimulierendes Erleben im Vordergrund stehen, das etwa eine halbe Stunde anhält. Der Hemmung von Monoaminoxidase A und B im Gehirn durch im Tabakrauch enthaltene Substanzen wird eine "antidepressive" Wirkung zugeschrieben. Sie ist möglicherweise für depressive Verstimmungen bei der Raucherentwöhnung verantwortlich.2

Als bedeutsam für Entwicklung und Erhaltung der Sucht wird unter anderem die Ausschüttung von Endorphinen und Dopamin im zentralen "Belohnungssystem" angesehen. Tabakentzug erzeugt akute dysphorische Symptome. Das körperliche Entzugssyndrom ist durch Verstimmung, Unruhe, Schlafstörungen, Übelkeit, Angstgefühl und Agitation gekennzeichnet, verbunden mit dem dringenden Verlangen ("Craving") nach Nikotin.1

Die Gesundheitsgefährdung steigt mit der Anzahl der gerauchten Zigaretten, jedoch gehen bereits ein bis vier Zigaretten täglich mit einem deutlich erhöhten Risiko für Lungenkrebs einher.3 Zigarettenrauchen bedeutet einen statistischen Verlust an Lebensjahren: In einer Observationsstudie, in der britische Ärzte über einen Zeitraum von 50 Jahren beobachtet wurden, verkürzt anhaltender Konsum bei Männern, die zwischen 1900 und 1930 geboren wurden, die durchschnittliche Lebenserwartung gegenüber Nichtrauchern im Mittel um zehn Jahre.4 Es bestehen geschlechtsspezifische Unterschiede: Nach einer Metaanalyse von 19 Beobachtungsstudien steigt das Risiko für mit dem Rauchen assoziierte Erkrankungen bei Frauen deutlicher an als bei Männern (Relatives Risiko [RR] bei Konsum von 1-20 Zigaretten pro Tag: 1,8 versus 1,4; RR bei Konsum von mehr als 20 Zigaretten 2,8 vs. 2,0).5 Raucherinnen haben zusätzlich ein erhöhtes Risiko für Zervixkarzinome und Brustkrebs.6

Der Nutzen dauerhafter Rauchabstinenz erscheint hinreichend belegt: Rauchstopp im Alter von 60 Jahren bringt einen "Rückgewinn" von Lebenszeit von durchschnittlich drei Jahren, bei Abstinenz ab einem Alter von 30 Jahren normalisiert sich die Lebenserwartung weitgehend.4

Langzeitdaten zum Nutzen der Raucherentwöhnung liefert eine Berechnung aus der amerikanischen Physicians' Health Study, in die zwischen 1982 und 1984 22.000 Ärzte eingeschlossen wurden. Nach Auswertung von 19.705 Teilnehmern (Berücksichtigung von 5.594 Todesfällen während 386.772 nachbeobachteten Personenjahren bis März 2010) liegt das Mortalitätsrisiko bei Nichtrauchern deutlich unter dem von Rauchern (Hazard ratio [HR] 0,44). Der Verzicht auf Nikotin wirkt sich bereits nach wenigen Jahren günstig aus. 20 Jahre nach Beginn einer anhaltenden Abstinenz liegt die Mortalität auf dem Niveau von Nichtrauchern (HR 0,48). Ein Nutzen ist auch bei einem späten Rauchverzicht im Alter über 50 und über 60 Jahre ersichtlich.7

Die alleinige Verringerung des Zigarettenkonsums ohne gänzliche Abstinenz bleibt hingegen nach Daten einer 16-jährigen Nachbeobachtung von 20.000 Rauchern in Kopenhagen ohne Einfluss auf Morbidität oder Mortalität im Vergleich zu unverändert fortgesetztem Rauchen (HR für kardiovaskuläre Erkrankungen 1,01; für Gesamtmortalität 1,02).8 Auch in einer Nachbeobachtung von 51.000 Studienteilnehmern in Norwegen wird durch Halbierung der Zigarettenmenge die Gesamt- oder krankheitsspezifische (Krebs, kardiovaskuläre Ereignisse) Mortalität im Vergleich zu fortgesetztem schweren Tabakkonsum nicht verringert.9

Gesetzliche Regelungen zum Nichtraucherschutz sind offenbar bereits kurzfristig effektiv: Nach Observationsdaten kommt es schon nach einem Jahr in Zusammenhang mit der Einführung von Rauchverboten zu einer Reduktion von stationären Aufnahmen aufgrund von Atemwegserkrankungen.10 Daten aus einer deutschen Kohortenstudie11 mit 3,7 Millionen Versicherten der DAK weisen auf einen Rückgang von Einweisungen wegen Angina pectoris um relativ 13,3% und wegen Herzinfarkts um 8,8% hin. Die Daten müssen - da es sich um eine reine Korrelationsstudie handelt - mit Vorsicht interpretiert werden. Sie liegen jedoch im Einklang mit Ergebnissen aus anderen Ländern.

In Empfehlungen und Leitlinien wird geraten, grundsätzlich jeden - auch den "unmotivierten" - Raucher auf den Zigarettenkonsum anzusprechen und Unterstützung für einen Rauchstopp anzubieten.1-3,12-14 Nach Daten aus Metaanalysen kontrollierter Studien kann bereits eine wenige Minuten dauernde Beratung die Rate anhaltender Abstinenz nach sechs bis zwölf Monaten steigern (Odds Ratio [OR] für dauerhafte Abstinenz nach zwölf Monaten 1,7).15 Im Durchschnitt müssen etwa 60 Raucher beraten werden, um bei einem Patienten eine zusätzliche dauerhafte Abstinenz zu erreichen (Number needed to treat [NNT] = 60).15 Intensivere, individualisierte Beratung und Gruppentherapie bringen etwas bessere Resultate.16,17 Therapeutische Ansätze zur Aufrechterhaltung der Motivation, z.B. fortgesetzte Verhaltenstherapie, führen zu höheren langfristigen Abstinenzraten.18

Obwohl die weitaus meisten Exraucher ihren Konsum ohne medikamentöse Hilfe eingestellt haben,19 wird regelmäßig eine Kombination aus Beratung/Psychotherapie und Pharmakotherapie angeraten, um Abstinenz früher zu erreichen und die Erfolgsraten zu erhöhen.2,3,12-14 Zur pharmakologischen Unterstützung werden dabei Nikotinersatz (NICOTINELL u.a.) z.B. in Form von Pflastern, Lutschtabletten, Kaugummis oder Inhaler als Erstwahlmittel, Bupropion (ZYBAN) und Vareniclin (CHAMPIX) als Erst- oder Zweitwahloption genannt.3,12-14 Mittel wie das Antidepressivum Nortriptylin (NORTRILEN) oder das Bluthochdruckmittel Clonidin (CATAPRESAN, Generika), die in der Indikation geprüft, aber nicht zugelassen sind, werden zum Teil als Reservemittel erwähnt.3,12-14 Eingeschränkte Empfehlungen zur medikamentösen Behandlung werden z.B. für Schwangere und Jugendliche gegeben, bei denen die Datenlage unzureichend erscheint und vorrangig nichtmedikamentöse Verfahren gewählt werden sollen. Von Bupropion und Vareniclin wird für Schwangere, Kinder und Jugendliche grundsätzlich abgeraten.3,12

Der größte Teil der Evidenz für alle medikamentösen Maßnahmen wurde in industriegesponserten Studien erhoben. Dies kann zu einer Überschätzung des Nutzens führen (a-t 2010; 41: 1-3): Unter den Arbeiten zur Nikotinersatzbehandlung zeigen z.B. 51% der industriegesponserten einen signifikanten Nutzen, hingegen nur 22% der Publikationen mit anderer Finanzierung.20 Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine Verblindung in Entwöhnungsstudien schwierig durchzuhalten ist.

NIKOTINERSATZ: Eine zu Beginn des Rauchstopps für begrenzte Zeit durchgeführte Nikotinersatztherapie soll Entzugssymptome und Rauchverlangen mindern, ohne dass die zahlreichen beim Rauchen entstehenden Schadstoffe aufgenommen werden. Dies soll langfristig den Ausstieg erleichtern. Die bei der Substitution auftretenden Nikotinspitzenspiegel liegen unter den beim Rauchen auftretenden, und die Anflutung erfolgt langsamer als aus der Zigarette, sodass kein "Kick" erzeugt wird.1

Für Nikotinersatz ist die Datenlage umfangreich. Eine Metaanalyse der Cochrane Collaboration20 schließt 132 randomisierte kontrollierte Studien ein. Die meisten werden mit Kaugummis (53) oder Pflaster (41) durchgeführt. Sie prüfen den Einfluss der Nikotinsubstitution auf die Abstinenzrate nach sechs bis zwölf Monaten. Die direkte Auswirkung auf Folgeerkrankungen des Konsums ist nicht untersucht.

Alle Studienteilnehmer erhalten parallel zu Verum oder Plazebo eine unterstützende Behandlung mit Beratung oder Psychotherapie. Aus Daten von 111 Studien mit 43.000 Teilnehmern errechnen die Autoren für alle Nikotinersatzbehandlungen über drei Wochen bis zwölf Monate zusammen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Abstinenz nach sechs bis zwölf Monaten (relatives Risiko [RR] 1,6; 95% Konfidenzintervall [CI] 1,5-1,7) gegenüber Plazebo oder Nicht-Nikotin-Kontrollen. Indirekte Vergleiche von Studien mit Nikotinpflaster weisen darauf hin, dass eine Anwendungsdauer über mehr als acht Wochen nicht wirksamer ist als kürzere Behandlungen. Unterschiede zwischen den verschiedenen Darreichungsformen können statistisch nicht gesichert werden. In der praktischen Anwendung könnten pharmakokinetische Unterschiede jedoch Bedeutung erlangen: Mit Kaugummis oder Lutschtabletten soll akutes Nikotinverlangen beherrschbar sein, was mit dem Pflaster aufgrund langsamer Anflutung nicht möglich ist. Bei schwer abhängigen Rauchern scheint die Verwendung des Nikotinkaugummis mit 4 mg gegenüber der 2-mg-Dosierung effektiver zu sein. Die Kombination von zwei Nikotinersatzmitteln (z.B. Pflaster plus Kaugummi) ist in einer gemeinsamen Auswertung von fünf Studien21 der Monotherapie überlegen (RR 1,6; 95% CI 1,3-2,0 für Abstinenz nach 12 Monaten) und kann bei schwerer Tabakabhängigkeit erwogen werden. In welchem Ausmaß Raucher nach bereits gescheiterten Abstinenzversuchen profitieren, ist schwer zu ermitteln. In vielen Studien ist misslungene Entwöhnung zwar kein Ausschlusskriterium. Lediglich in einer Arbeit wurden aber gezielt nur solche Patienten eingeschlossen.20,22 Hier ergibt sich kein sicherer Effekt auf die kontinuierliche Abstinenz.

Der relative Nutzen ist konstant, unabhängig davon, welche Begleittherapie gewählt wird.20 Allerdings unterscheidet sich der absolute Nutzen erheblich. Bei einer Erfolgsrate von 3% bis 5% in der Kontrollgruppe wird die Abstinenz nur um weitere 2% bis 3% gesteigert (NNT = 33-50). Bei hoher Abstinenzrate in der Kontrollgruppe von 15% (z.B. durch intensive Beratung/Psychotherapie) führt der Nikotinersatz bei weiteren 8% der Raucher zum Rauchstopp, gemessen nach 6 bis 12 Monaten (NNT = 12).20

Üblicherweise ist in den Studien ein abrupter Rauchstopp mit Beginn der Nikotinersatzbehandlung vorgesehen. Sind Raucher dazu nicht bereit, kommt eventuell auch eine sukzessive Reduktion des Zigarettenkonsums über Monate mit begleitendem Nikotinersatz bis zur endgültigen Abstinenz in Frage ("cut down to quit"). In einer gemeinsamen Auswertung von sieben Studien verdoppelt die Verwendung von Nikotinkaugummis und/oder -inhalatoren mit diesem Vorgehen die Chance auf kompletten anhaltenden Zigarettenverzicht über mindestens sechs Monate (RR 2,1) bei allerdings niedrigen absoluten Erfolgsraten (Plazebo: 3,3%, Verum: 6,8%, NNT: 29).23

Nikotinersatz scheint zwar bei beiden Geschlechtern wirksam zu sein. Gemäß Daten einer Metaanalyse ist nach sechs Monaten die Rate der zusätzlich gegenüber Plazebo Abstinenten bei Frauen jedoch niedriger (4,6% vs. 9,3% bei Männern).24 Der Nutzen bei Schwangeren erscheint gänzlich unbelegt. Nikotinersatz wird zwar bei Versagen nichtmedikamentöser Versuche als mögliche pharmakologische Variante in Leitlinien empfohlen. Die einzige große randomisierte Studie25 mit 1.050 schwangeren Frauen zeigt jedoch keinen statistisch signifikanten Einfluss auf die dauerhafte bis zur Entbindung anhaltende Rauchabstinenz (Nikotin: 9,4% vs. Plazebo 7,6%). Allerdings war die Compliance schlecht, nur 7% führten die Verumbehandlung über mehr als einen Monat durch. Ob die in der Schwangerschaft beschleunigte Metabolisierung des Nikotins26 mit Durchbrüchen von Entzugssymptomen dabei eine Rolle spielt, bleibt spekulativ.

Die Daten für die Anwendung bei Jugendlichen sind spärlich. Eine metaanalytische Auswertung von sechs Studien, davon fünf mit Nikotinersatz, findet nach 4 bis 26 Wochen keinen sicheren Vorteil gegenüber Scheinmedikament (RR für Abstinenz 1,38; 95% CI 0,9-2,1).27

Der reale, langfristige Nutzen wird mit den in den Leitlinien zitierten Auswertungen zur Abstinenz über maximal ein Jahr deutlich überschätzt, da späte Rückfälle unberücksichtigt bleiben: In einer gepoolten Auswertung von zwölf Studien mit Nachbeobachtungszeiten von zwei bis acht Jahren bleibt zwar der relative Unterschied zwischen Nikotin und Plazebo auch langfristig erhalten. Unter beiden Behandlungen beginnt jedoch ein Drittel aller Studienteilnehmer nach mehr als einem Jahr wieder zu rauchen.28

Ob sich die in randomisierten Studien erzielten, eher geringen Erfolge unter Alltagsbedingungen reproduzieren lassen, wird nach Daten aus Observationsstudien angezweifelt. Aufgrund der durch Ein- und Ausschlusskriterien selektierten Teilnehmer wird die Übertragbarkeit in Frage gestellt. Eine auch durch die allgemeine Presse29 aufgegriffene Kohortenstudie beobachtet 787 Exraucher hinsichtlich ihrer Abstinenz anhand von zwei Fragebögen im Abstand von jeweils zwei Jahren. Der Gebrauch von Nikotinersatzmitteln hat nach dieser Studie keinen Einfluss auf das Risiko für einen Rückfall. Im Gegenteil: Das höchste Rückfallrisiko wird für stark abhängige Raucher errechnet, die Nikotinersatz ohne weitere professionelle Beratung oder Therapie anwenden (OR 2,68 gegenüber Nichteinnahme).30 Allerdings beruhen die Berechnungen unter anderem auf Grund geringer Rücklaufquote der Fragebögen auf sehr niedrigen Zahlen.31

Störeffekte entsprechen den bekannten Nikotinwirkungen (Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz, Schlaflosigkeit, Unruhe). Bei Anwendung über die Mundschleimhaut kommen Schleimhautreizung, Sodbrennen, Schluckauf und vermehrter Speichelfluss hinzu, bei Kaugummi Kaumuskelschmerzen. Lutschtabletten können zu Ulzera der Mundschleimhaut führen. Nikotinpflaster kann lokale Reizungen und allergische Reaktionen hervorrufen. Im Einzelfall lassen sich nikotinbedingte Effekte jedoch nicht immer eindeutig von Entzugserscheinungen unterscheiden.20 Das Risiko der Suchtentwicklung unter Nikotinersatz wird zwar als gering beurteilt, Abhängigkeit soll jedoch vorkommen.3

Bei Verwendung elektronischer (E-)Zigaretten wird statt Tabak ein Nikotin- oder Aromastoff-haltiges, über ein batteriebetriebenes Heizelement erhitztes und verdampftes "Liquid" inhaliert. Der Nutzen für die Raucherentwöhnung ist nicht geprüft. Befürworter weisen darauf hin, dass die zahlreichen beim "normalen" Rauchen entstehenden toxischen Substanzen bei Nutzung der E-Zigarette nicht aufgenommen werden.32 Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) gibt jedoch zu bedenken, dass die Zusammensetzung der Liquids vielfach unklar ist und verdampfte Verneblungsmittel (oft Propylenglykol und Glyzerin) und Zusatzmittel sowie Verunreinigungen gesundheitsschädlich sein können.33 Da auch eine Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen nicht ausgeschlossen werden kann, empfiehlt das BfR, das Inhalieren von E-Zigaretten in Nichtraucherzonen zu untersagen.31

∎  Bereits geringer Tabakkonsum erhöht das Risiko für Folgeerkrankungen. Der Nutzen eines anhaltenden Rauchstopps in Bezug auf Morbidität und Mortalität ist gut belegt. Die Mehrzahl der Raucher beendet ihren Konsum ohne pharmakologische Unterstützung, allerdings oft erst nach zahlreichen Versuchen.

∎  Kurze mündliche Interventionen steigern den Erfolg von Rauchstoppversuchen. Der Effekt nimmt mit der Intensität und Dauer der Beratung bzw. Therapie zu. Medikamentöse Unterstützung ist nur angezeigt, wenn nichtmedikamentöse Entwöhnungsversuche fehlgeschlagen sind.

∎  Nikotinersatz (NICOTINELL u.a.) mit Pflaster, Kaugummis, Lutschtabletten oder Inhaler zusätzlich zu Beratung oder Psychotherapie steigert in randomisierten Studien die Chance auf Rauchabstinenz nach sechs bis zwölf Monaten bei insgesamt jedoch niedrigen Erfolgsraten. Der Nutzen wird zudem überschätzt, wenn die Studienergebnisse nach maximal zwölf Monaten zugrunde gelegt werden, da jeder dritte Exraucher danach wieder rückfällig wird.

∎  Daten aus Observationsstudien wecken Zweifel, ob sich die in randomisierten Studien erzielten eher bescheidenen Ergebnisse unter Alltagsbedingungen reproduzieren lassen.

  (R =randomisierte Studie, M = Metaanalyse)
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12 DG Sucht, DGPPN: Tabakbedingte Störungen "Leitlinie Tabakentwöhnung" (S2); Stand Okt. 2004
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33 BfR: Fragen und Antworten zur E-Zigarette vom 1. März 2012; zu finden unter http://www.bfr.bund.de
34 BfR: E-Zigaretten können auch zu gesundheitlichen Gefahren für Passivraucher führen; Pressemitteilung vom 7. Mai 2012; zu finden unter
http://www.bfr.bund.de

© 2012 arznei-telegramm, publiziert am 1. Juni 2012

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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