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Interaktion zwischen Tramadol (TRAMAL, Generika) und Lamotrigin (LAMICTAL, Generika)

Ein 70-jähriger Epilepsiepatient hat nach jahrzehntelanger medikamentöser Behandlung eine histologisch gesicherte Osteomalacia antiepileptica mit ausgeprägter Deformation des Skeletts und abnormer Frakturneigung. Das seit der Kindheit bestehende Anfallsleiden ist mit Lamotrigin (LAMICTAL, Generika), Valproinsäure (CONVULEX, Generika) sowie zwei weiteren Antiepileptika zufriedenstellend stabil. Nach einer Ellenbogenfraktur erhält er im Krankenhaus - unter Beibehaltung der antiepileptischen Medikation - zur Schmerzlinderung Tramadol (TRAMAL, Generika) plus Metamizol (NOVALGIN, Generika). 24 Stunden nach Beginn dieser Komedikation treten Nystagmus, Doppelbilder, schwerste Ataxie, skandierende Sprache, Somnolenz und Übelkeit auf. Die Klinikärzte interpretieren die Symptome zunächst als zentralnervöse Effekte des Opioids und setzen Tramadol ab, lassen jedoch zeitgleich auch die Spiegel der eingenommenen Antiepileptika bestimmen. Bei Eintreffen der Laborergebnisse mit einem extrem erhöhten Lamotriginspiegel von 21,5 µg/ml (therapeutischer Bereich: 1,5-4 µg/ml) haben sich die neuropsychiatrischen Symptome bereits vollständig zurückgebildet (NETZWERK-Bericht 15.301). Die Verstoffwechselung von Lamotrigin erfolgt mit Hilfe von UDP-Glukuronyltransferasen (UGT). Werden diese gehemmt, beispielsweise durch Valproinsäure, verlängert sich die Halbwertszeit erheblich. Bei Komedikation mit Valproinsäure ist daher die übliche Lamotrigindosis zu reduzieren (GlaxoSmithKline: Fachinformation LAMICTAL, Stand Sept. 2008). Auch Tramadol wird mithilfe von Glukuronsäurekonjugaten ausgeschieden (Grünenthal: Fachinformation TRAMAL, Stand Juli 2008). Möglicherweise war bei dem hier betroffenen Patienten der Abbau von Lamotrigin bereits durch Valproat verzögert und durch die zusätzliche Einnahme von Tramadol weiter gehemmt - mit der Folge eines überhöhten Lamotriginspiegels (Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Schreiben vom 2. Apr. 2009). Da Epilepsiepatienten besonders gefährdet sind sich zu verletzen und dann eventuell Analgetika benötigen, erscheint uns die mögliche Interaktion mit Tramadol bedeutungsvoll.

© 2009 arznei-telegramm, publiziert am 3. Juli 2009

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