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Kurz und bündig

Erneut bestätigt: Akupunktur nicht besser als Scheinakupunktur: Am 18. April will der Gemeinsame Bundesausschuss über die Verordnungsfähigkeit der Akupunktur zu Lasten der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) entscheiden. Zwei weitere Studien aus dem Modellvorhaben der GKV zu Nutzen und Risiken des Verfahrens (a-t 2005; 36: 50 und 75) liegen jetzt vollständig veröffentlicht vor: eine GERAC*-Studie mit Migränepatienten und eine ART*-Studie mit 301 durchschnittlich 59 Jahre alten Patienten, die unter chronischen Kreuzschmerzen leiden. Gemessen anhand einer visuellen Analogskala von 100 mm lindert Akupunktur (zwölf Sitzungen) innerhalb von acht Wochen die Intensität von Kreuzschmerzen um durchschnittlich 28,7 mm von eingangs 63,2 mm, und damit nicht besser als eine Scheinakupunktur (oberflächliches Setzen der Nadeln an definierten Nichtakupunkturpunkten, ebenfalls zwölf Sitzungen) mit Reduktion um 23,6 mm von initial 66,6 mm. Eine dritte Gruppe, die ausschließlich einer Warteliste zugeteilt wird, schneidet mit Minderung um 6,9 mm von eingangs 66,1 mm jedoch signifikant schlechter ab. Wie in den anderen ART-Studien ist die Erwartungshaltung der Patienten in den Interventionsgruppen gegenüber ihrer Therapie ausgesprochen positiv. Die Verblindung scheint allerdings zum Teil aufgehoben: In der Akupunkturgruppe erraten die Patienten mit 63% ihre Therapie überzufällig häufig richtig (BRINKHAUS, B. et al.: Arch. Intern. Med. 2006; 166: 450-7). Mit 960 randomisierten durchschnittlich 37 Jahre alten Migränepatienten ist die GERAC-Studie die bislang größte. Sie vergleicht Akupunktur ebenfalls mit Scheinakupunktur (jeweils zehn Sitzungen in sechs Wochen, bei partiellem Ansprechen fünf weitere Sitzungen möglich). Anders als in der ART-Studie wird die zweite Kontrollgruppe nicht einer Warteliste zugeteilt, sondern erhält eine aktive Intervention: eine medikamentöse Prophylaxe mit Betablockern, Flunarizin (SIBELIUM u.a.) oder Valproinsäure (ERGENYL u.a.). Den primären Endpunkt, die Zahl der Tage mit Migräne in Woche 23 bis 26 nach Randomisierung im Vergleich mit denen in den vier Wochen vor Studienbeginn, beeinflusst Akupunktur auch hier nicht besser als Scheinakupunktur (Minderung um durchschnittlich 2,3 versus 1,5 Tage von eingangs 6,0 vs. 5,8). In ähnlicher Größenordnung sinkt die Zahl der Migränetage unter medikamentöser Prophylaxe (um 2,1 von eingangs 6,4). In dieser Gruppe haben jedoch anscheinend aus Enttäuschung über die Zuteilung 34% nach der Randomisierung ihr Einverständnis zurückgezogen und wurden daher nicht mit ausgewertet (DIENER, H.-C. et al.: Lancet Neurol.; published online 2. März 2006). Ein aussagekräftiger Vergleich der Akupunktur mit der medikamentösen Prophylaxe bei Migräne ist daher unseres Erachtens in dieser Studie nicht möglich, -Red.

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ART = Acupuncture Randomized Trials; gestützt insbesondere von der Techniker Krankenkasse; GERAC = German acupuncture trials; gestützt unter anderem von den Allgemeinen Ortskrankenkassen

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