logo
logo
Die Information für medizinische Fachkreise
Neutral, unabhängig und anzeigenfrei
vorheriger Artikela-t 2005; 36: 75nächster Artikel
Kurz und bündig

Akupunktur - isolierte Positivstudie als Nutzenbeleg unzureichend: In der ersten der vom gemeinsamen Bundesausschuss geforderten randomisierten Studien zur Akupunktur blieb ein Vorteil des Verfahrens gegenüber Scheinakupunktur bei Migränepatienten aus (a-t 2005; 36: 50). Jetzt liegen zwei weitere Arbeiten aus diesem Studienprogramm (ART*) vor. Die Patienten der einen Studie sind durchschnittlich 64 Jahre alt und haben eine chronische Kniegelenksarthrose (n = 294), die der anderen sind im Mittel 43 Jahre alt und leiden unter episodischem oder chronischem Spannungskopfschmerz (n = 270). Wie in der Studie zur Migräne wird die Akupunktur mit Scheinakupunktur verglichen - jeweils 12 Sitzungen innerhalb von 8 Wochen. Bei der Scheinakupunktur werden die Nadeln oberflächlich an definierten Nicht-Akupunkturpunkten gesetzt. Eine weitere Kontrollgruppe wird jeweils einer Warteliste zugeteilt. Akute Kopfschmerzen dürfen darüber hinaus bei Bedarf leitliniengemäß behandelt werden, Arthroseschmerzen mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Bei Spannungskopfschmerz wirkt Akupunktur zwar besser als Nichtbehandlung (= Warteliste; Minderung der Zahl der Kopfschmerztage um 7,2 vs. 1,5 von eingangs 17,5 bzw. 17,3 pro vier Wochen), hat aber - wie bei Migräne - keinen Vorteil gegenüber Scheinakupunktur, die die Zahl der Kopfschmerztage um 6,6 von eingangs 17,7 senkt. Dagegen bessern sich bei Kniegelenksarthrose die mit WOMAC**-Index erfassten Beschwerden (Schmerzen, Steifigkeit und Funktion) unter Akupunktur signifikant sowohl im Vergleich zur Nichtbehandlung als auch zur Scheinakupunktur. Nach acht Wochen ist der mittlere Punktwert von initial 51,4 unter dem Verumverfahren auf 26,9 gesunken, unter dem Scheinverfahren auf 35,8, unter Nichtbehandlung (= Warteliste) auf 49,6. Die Zahl der Tage mit NSAR-Einnahme wird durch Akupunktur im Vergleich zur Scheinakupunktur nicht verringert. Auch im Vergleich mit Warteliste besteht kein signifikanter Unterschied. Hierbei handelt es sich allerdings um einen sekundären Endpunkt, der den NSAR-Gebrauch zudem nur sehr grob erfasst (MELCHART, D. et al.: BMJ; 2005; 331: 376; WITT, C. et al.: Lancet 2005; 366: 136-43). Soweit derzeit bekannt, gibt es im Rahmen der Modellvorhaben der gesetzlichen Krankenkassen zur Akupunktur außer der hier referierten keine weitere randomisierte Positivstudie. So soll in den nach wie vor nicht vollständig veröffentlichten GERAC*-Studien auch bei chronischen Knieschmerzen kein Vorteil gegenüber Scheinakupunktur beobachtet worden sein (GKV: Gemeinsame Presseerklärung vom 21. Okt. 2004). Ein isoliertes positives Ergebnis würde als Nutzenbeleg der Akupunktur nicht ausreichen. Für eine definitive Bewertung ist die vollständige Publikation der übrigen Studien abzuwarten, -Red.

*

ART = Acupuncture Randomized Trials; gestützt insbesondere von der Techniker Krankenkasse; GERAC = German acupuncture trials

**

WOMAC-Index = Western Ontario and MacMasters Universities Osteoarthritis Index, Fragebogen zur Erfassung von Schmerzen, Funktion und Steifigkeit bei Arthrose

© 2005 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.