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Lactobacillus - Kein Schutz vor Antibiotika-bedingter vulvovaginaler Candidose: Drei von vier Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Candida-Infektion der Scheide. Etwa 5% leiden an chronisch-rezidivierender Soorkolpitis mit mindestens vier Rückfällen im Jahr. Als Risikofaktor gilt neben Diabetes, hochdosierten oralen Kontrazeptiva, Schwangerschaft u.a. eine Behandlung mit Breitbandantibiotika (a-t 1995; Nr. 11: 108-10). Vorbeugend werden häufig Lactobacillus-haltige Präparate oder auch Jogurt eingenommen oder vaginal angewendet. In einer australischen Studie wird jetzt der Effekt der Milchsäurebakterien auf die Häufigkeit einer postantibiotischen vulvovaginalen Candidose untersucht, definiert als vaginale Beschwerden plus Nachweis des Hefepilzes in einem selbst entnommenen Abstrich. Nicht schwangere 18- bis 50-jährige Frauen, die wegen einer nicht-gynäkologischen Infektion etwa sechs Tage lang ein Antibiotikum einnehmen, wenden während der antiinfektiven Therapie sowie für weitere vier Tage oder bis zum Auftreten einer Pilzinfektion der Scheide Lactobacillus oder Scheinmedikament per os und/oder intravaginal an. Weil ein Nutzen der Milchsäurebakterien in Zwischenanalysen ausbleibt und nach Berechnungen auch nicht mehr zu erwarten ist, wird die Studie nach Einschluss von 278 Teilnehmerinnen vorzeitig abgebrochen. 55 (23%) von 235 Frauen, für die vollständige Daten vorliegen, entwickeln eine vulvovaginale Candidose, meist schon unter der Antibiotikabehandlung (im Mittel am fünften Tag). Die Einnahme oder vaginale Anwendung der Milchsäurebakterien bleibt ohne Nutzen auf die Häufigkeit der postantibiotischen Soorkolpitis (Odds ratio [OR] Lactobacillus per os 1,06; 95% Vertrauensintervall [CI] 0,58 bis 1,94; vaginal 1,38; 95% CI 0,75 bis 2,54). Sensitivitätsanalysen, in denen auch die Frauen berücksichtigt werden, die wegen fehlender klinischer oder mikrobiologischer Daten nicht in die Auswertung eingingen, verändern das Ergebnis nicht (PIROTTA, M. et al.: BMJ 2004; 329: 548-50/ati d). Methodische Schwächen wie fehlende Angaben zu Grunderkrankungen (z.B. Diabetes) oder den verwendeten Antibiotika schränken die Aussagekraft der Untersuchung ein. Methodisch valide Studien, die einen Nutzen von Milchsäurebakterien bei der Behandlung oder Vorbeugung bakterieller oder durch Candida hervorgerufener Scheidenentzündungen belegen, finden wir per Datenbankrecherche (PubMed) jedoch nicht. Dem fehlenden Nutzenbeleg stehen Schadwirkungen gegenüber, beispielsweise Sepsis oder Endokarditis bei Immungeschwächten (vgl. a-t 2004; 35: 50). Wir raten von der Anwendung ab, -Red.

© 2004 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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