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vorheriger Artikela-t 2004; 35: 52 
Nebenwirkungen

HERZKLAPPEN­ERKRANKUNGEN UNTER PERGOLID (PARKOTIL)

Pleurafibrosen, Perikarderguss, retroperitoneale Fibrosen und andere fibrotische Erkrankungen sind unter der PARKINSON-Behandlung mit dem Mutterkornalkaloid Pergolid (PARKOTIL) beschrieben (vgl. a-t 2002; 33: 96). Seit 2002 weisen mehrere Einzelberichte auch auf einen Zusammenhang mit klinisch relevanten Herzklappenerkrankungen hin.1,2 In einer einjährigen Beobachtungsstudie mit PARKINSON- Patienten wird jetzt versucht, Häufigkeit und Ausmaß der Klappenveränderungen bei Dauerbehandlung mit Pergolid zu bestimmen.

78 PARKINSON-Kranke unter Therapie mit dem Dopaminagonisten werden mit 18 Kontrollpatienten verglichen, die zu keinem Zeitpunkt ein Mutterkornalkaloid verwendeten. Alle werden transthorakal echokardiografiert. Die digitalen oder Videoaufzeichnungen werden verblindet ausgewertet. 26 (33%) der 78 PARKINSON- Kranken in der Pergolid-Gruppe weisen eine Versteifung mindestens einer Herzklappe auf, hingegen keiner der 18 Kontrollpatienten. Auch ein gegenüber den Kontrollpatienten höherer Pulmonalarteriendruck fällt auf. Bei einem Betroffenen wird eine operative Rekonstruktion von Aorten-, Mitral- und Trikuspidalklappe erforderlich, ein weiterer mit bedeutsamer Klappenveränderung verstirbt akut. Das Ausmaß der Klappenschädigung korreliert mit der kumulativen Dosis von Pergolid. 6 Patienten setzen das Mittel aufgrund der Herzbefunde ab, bei zweien hat sich der echokardiografische Befund bei einer Kontrolluntersuchung gebessert.3

Die Rate klinisch relevanter Klappenveränderungen unter Pergolid scheint weitaus höher zu sein als bisher angenommen und liegt möglicherweise in einer Größenordnung, wie sie unter den weltweit aus diesem Grund aus dem Handel gezogenen Appetithemmern Dexfenfluramin (ISOMERIDE) und Fenfluramin (PONDERAX) beobachtet wurden (vgl. a-t 1997; Nr. 12: 127).4 Auch der Schädigungsmechanismus, eine Interaktion mit einem Serotonin-Rezeptor, scheint identisch zu sein.

In welchem Ausmaß andere in der PARKINSON-Therapie verwendete Mutterkorn-Abkömmlinge wie Cabergolin (CABASERIL), Lisurid (DOPERGIN) und Bromocriptin (PRAVIDEL u.a.) Klappenveränderungen induzieren, ist nicht bekannt. Einzelne Verdachtsberichte liegen auch für Cabergolin und Bromocriptin vor.5-8 Daten aus dem britischen Spontanmeldesystem zu fibrotischen Veränderungen unter Mutterkornalkaloiden deuten zwar ein höheres Risiko für Pergolid an.9 Untersuchungen zum Gefährdungspotenzial aller Derivate sind jedoch dringend erforderlich.

Unter Einnahme des Mutterkornabkömmlings Pergolid (PARKOTIL) werden häufig zum Teil klinisch bedeutsame Herzklappenveränderungen gefunden.

Patienten, die unter Behandlung mit Pergolid ein neues Herzgeräusch oder kardiale Symptome entwickeln, sind echokardiographisch zu untersuchen. Bei Nachweis eines pathologischen Klappenbefundes ist die Notwendigkeit der Therapie mit Dopaminagonisten zu überprüfen und ggf. auf Levodopa (in NACOM u.a.) bzw. Nicht-Ergotalkaloide wie Ropinirol (REQUIP) oder Pramipexol (SIFROL) umzustellen.

Bis zur weiteren Klärung gilt für alle Dopaminagonisten mit Ergotaminstruktur strenge Indikationsstellung.

© 2004 arznei-telegramm

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