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Neu auf dem Markt

DER 2. VERSUCH: ESCITALOPRAM (CIPRALEX)

Bei der Firma Lundbeck müssen die Zeichen auf Sturm stehen. Kam der selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Citalopram (CIPRAMIL u.a.; a-t 1996; Nr. 11: 106-7) Anfang 2002 noch auf 31 Mio. € Jahresumsatz (Fabrikabgabepreis) - immerhin 68% des Firmenumsatzes über Apotheken - sind die Verkaufszahlen nach Ablauf des Patentes auf 17 Mio. € eingebrochen (-45%). Heute verkaufen Nachfolgeanbieter (allen voran Hexal und ratiopharm) mit rund 100.000 Packungen im Monat etwa fünfmal so viele Citalopram-Packungen wie Lundbeck. Eine Trendwende für Lundbeck durch das jetzt auf den Markt gebrachte Escitalopram (CIPRALEX) ist unwahrscheinlich. Bei der als "kräftige Innovation"1 beworbenen Neueinführung handelt es sich lediglich um den linksdrehenden Anteil (S-Citalopram) des alten Citalopram, das aus einem Gemisch (Razemat) aus rechts- (R-) und linksdrehendem (S-) Isomer besteht. Ursprünglich wollte die Firma die Patienten noch vor Ablauf des Citalopram-Patentes auf Escitalopram umgestellt haben, um Nachfolgeanbietern den Markteinstieg zu erschweren.2 Der Plan ging schief, da sich die Zulassung der linksdrehenden Variante verzögert hat. Echte Vorteile dieser Variante zu belegen, gelingt Lundbeck nicht: In Großbritannien mussten Werbeaussagen, die eine Überlegenheit von Escitalopram gegenüber Citalopram behaupteten, auf behördliche Anordnung hin zurückgezogen werden.3

In drei veröffentlichten Studien mit insgesamt 1.342 an mittelschwerer bis schwerer Depression erkrankten Patienten wirkt Escitalopram während achtwöchiger Therapie besser als Plazebo.4-6 In den beiden Studien mit Citalopram-Vergleichsarm bleibt jedoch ein signifikanter Unterschied zwischen Escitalopram und der Muttersubstanz aus.4,5 Veröffentlichte Untersuchungen zur Wirkung bei der ebenfalls zugelassenen Indikation Panikstörungen finden wir nicht.

Die unerwünschten Wirkungen entsprechen denen von Citalopram oder anderen SSRI: Übelkeit (über 10%), Störung der Sexualfunktion, vermehrtes Schwitzen, Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, Fieber u.a. (jeweils über 1%). Die Kombination mit Monoaminoxidasehemmern ist wegen der Gefahr des Serotoninsyndroms (a-t 1995; Nr. 5: 55) kontraindiziert, die gleichzeitige Verwendung serotonerger Mittel wie Triptane oder L-Tryptophan (KALMA u.a.) sowie von Johanniskrautextrakt (JARSIN u.a.) zu meiden.7 Vor verstärkter Angst und Suizidgefahr, besonders zu Behandlungsbeginn, Krampfanfällen, Hyponatriämie, Hautblutungen und Blutzuckerveränderungen bei Diabetikern wird gewarnt.7

10 mg Escitalopram entsprechen 20 mg des Razemats Citalopram. Escitalopram (CIPRALEX) wird bei einer Tagesdosis von 10 mg mit monatlich 46 € zum selben Preis angeboten wie das Citalopram-Original CIPRAMIL (20 mg/ Tag). Mit preiswerten Nachfolgeprodukten wie CITALOPRAM-ISIS (27 €/Monat) lassen sich 40% einsparen. Das trizyklische Antidepressivum Imipramin (150 mg/Tag) ist mit Monatskosten von 38 € (TOFRANIL) bzw. 37 € (PRYLEUGAN) 17% bzw. 19% günstiger als Escitalopram.

 Escitalopram (CIPRALEX) ist das linksdrehende Isomer des Razemats Citalopram (CIPRAMIL). Vorteile gegenüber der Muttersubstanz erkennen wir nicht.

 Escitalopram ist eine typische Pseudoinnovation, die dem Erhalt von Marktanteilen nach Patentablauf des razemischen Citalopram dienen soll.

© 2003 arznei-telegramm

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