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vorheriger Artikela-t 2000; 31: 108 
Warnhinweis

INSULIN GLARGIN (LANTUS):
KEINE METABOLISCHEN VORTEILE,
ABER POTENZIELL KREBSFÖRDERND

Schon fünf Monate nach der Markteinführung hat das von Aventis angebotene Insulinanalog Glargin (LANTUS; a-t 2000; 31: 60) nach firmeninternen Angaben 20% des Verzögerungsinsulinmarktes erobert. Glargin soll vor allem auf Grund des flacheren Wirkungsprofils eine bessere Basissubstitution bei intensivierter Insulintherapie ermöglichen.1 Angeblich wird dadurch eine bessere Stoffwechselkontrolle bei geringerem Unterzuckerungsrisiko erreicht. Aus klinischen Untersuchungen, in denen Insulin Glargin mit einmaligen Gaben von NPH-Insulin (INSUMAN BASAL u.a.) spät abends verglichen wird, ist auf geringeres Risiko nächtlicher Unterzuckerungen geschlossen worden.2 Bei der in Deutschland üblichen zweimaligen Injektion von NPH-Insulin ergeben sich aber weder Vorteile bei der Senkung des HbA1c-Wertes noch bei der Reduktion von Unterzuckerungen.3

In einer großen offenen Studie hat jetzt die überwiegende Zahl der Patienten (ca. 75%) der Kontrollgruppe das NPH-Insulin zweimalig erhalten.4 Während 16 Wochen verwenden 619 Patienten mit Typ 1 Diabetes mellitus entweder das Insulinanalogon Glargin oder NPH-Insulin. Der HbA1c-Wert ändert sich nicht und beträgt am Ende der Studie 7,5% unter Insulin Glargin und 7,6% unter NPH-Insulin. Nächtliche Unterzuckerungen sind unter dem Analog in der Tendenz sogar häufiger (69% vs. 63%, p = 0,06), schwere Unterzuckerungen unterscheiden sich nicht signifikant (6,5% vs. 5,2%, p = 0,44).

Unter Glargin werden doppelt so häufig (22%) unerwünschte Ereignisse erfasst wie in der Kontrollgruppe (11%). Die bei Gebrauch von Insulin Glargin beschriebenen Schmerzen an der Injektionsstelle (6%) und Kopfschmerzen (2%) kommen unter der konventionellen Therapie nicht vor.

Experimentelle Untersuchungen sprechen dafür, dass Insulin Glargin im Vergleich zu Humaninsulin eine sechs- bis achtfach höhere Affinität zum IGF-I-Rezeptor besitzt.5 Der IGF-I-Rezeptor spielt als mitogener Faktor eine Schlüsselrolle bei Entstehung und Progression von Karzinomen.6 Ebenso sind Induktion und Beschleunigung proliferativer diabetischer Retinopathien möglich.7 Sogar bei Kurzzeittherapie ist unter Glargin eine Verdopplung der Rate von Läsionen der Retinagefäße beobachtet worden.4 In Verbindung mit dem Insulinanalog Lispro (HUMALOG), das ebenfalls stärker an den IGF-I-Rezeptor bindet als Humaninsulin, ist eine Häufung proliferativer Retinopathien bei Schwangeren beschrieben (a-t 1999; Nr. 6: 66).8

Derartige Arzneimittel zur Langzeittherapie dürften unseres Erachtens erst nach Vorlage großer kontrollierter Langzeitstudien zugelassen werden und nicht, wie derzeit üblich, auf der Basis von Therapiebeobachtungen an wenigen Patienten über ein paar Wochen.

Insulin Glargin verursacht gegenüber NPH-Insulin Mehrkosten von 35% (279 DM vs. 206 DM für 30 ml U100).

FAZIT: Insulin Glargin (LANTUS) bietet gegenüber konventioneller Behandlung mit zweimal täglich NPH Insulin (INSUMAN BASAL u.a.) keine Vorteile, weder bezüglich der Blutzuckerkontrolle noch der Reduktion von Unterzuckerungen. Unerwünschte Wirkungen kommen unter Glargin häufiger vor. Langzeitstudien fehlen. Das Insulinanalog ist potenziell kanzerogen und fördert möglicherweise Retinopathien. Wir warnen vor der Verwendung.

© 2000 arznei-telegramm

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