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Im Blickpunkt

KÜNSTLICH GEHÄRTETES FETT
IN MARGARINE UND KEKSEN UND DAS HERZ

Im Nord-Süd-Gefälle der Koronarsterblichkeit haben Mittelmeeranwohner mit hohem Verbrauch an Olivenöl und damit einfach ungesättigten Fettsäuren die bessere Lebenserwartung. Dem Herzen zuliebe verzichtet mancher Verbraucher auf Butter und greift zur Margarine (Margarineverbrauch: 8,6 kg/Kopf und Jahr1). Weltweit wird empfohlen, zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen tierische Fette gegen pflanzliche auszutauschen. In der Diskussion über Butter – ihre gesättigten Fettsäuren erhöhen den Cholesterinspiegel – und pflanzliche Fette mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die den Cholesterinspiegel senken, blieben trans-Fettsäuren lange vernachlässigt. Diese entstehen, wenn pflanzliche Öle teilweise hydriert (verseift) werden, um festere Streichfette zu erhalten.

Trans-Fettsäuren sind Stereoisomere der jeweiligen cis-Form und tragen die beiden Kettenreste wie aufgeklappt an gegenüberliegenden Seiten der Kohlenstoffdoppelbindung. In der Natur vorkommende Fette und Öle enthalten in der Regel nur cis-Formen, Fette von Wiederkäuern in geringen Mengen auch trans-Säuren.2 Hauptvertreter der mit der Nahrung aufgenommenen trans-Isomeren sind mit einem Anteil von über 80% trans-Octadecensäuren. Frauen verzehren in Deutschland täglich durchschnittlich 3,4 g trans-Octadecensäuren, Männer durchschnittlich 4,1 g.3

RISIKOABSCHÄTZUNG: 85.000 US-amerikanische Krankenschwestern ohne koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, Diabetes oder Hypercholesterinämie in der Vorgeschichte dokumentierten in Fragebögen ihre Ernährungsgewohnheiten sowie über acht Jahre in zweijährigem Abstand neu aufgetretene schwere Erkrankungen. 431 Frauen erlitten im Beobachtungszeitraum einen Herzinfarkt.

Trans-Fettsäurereiche Ernährung mit Margarine, Keksen, Kuchen u.a. geht demnach mit erhöhtem Herzinfarktrisiko einher. Frauen, die täglich vier oder mehr Teelöffel Margarine (20 ml) essen, leben mit einem um 66% höheren Risiko als ihre Kolleginnen, die seltener als einmal im Monat Margarine verzehren. Auch der Genuß von Kuchen und Keksen erhöht das koronare Risiko, nicht jedoch Verzehr tierischer trans-Fettsäuren. Diese weisen überwiegend Strukturunterschiede zum pflanzlichen gehärteten Pendant auf.4

Trans-Fettsäuren künstlich gehärteter Pflanzenfette beeinflussen den Cholesterin-Spiegel des Blutes negativ: In einer niederländischen Studie erhielten 59 gesunde Frauen und Männer jeweils drei Wochen lang Nahrung, in welcher 10% der aufgenommenen Energie aus Ölsäure*, den trans-Isomeren der Ölsäure oder aus gesättigten Fettsäuren stammte. Im Vergleich zur Ölsäure-reichen Kost bewirkten trans- Fettsäuren eine als atherogen angesehene Steigerung des LDL-Cholesterinspiegels um 14 mg/dl und senkten den HDL-Anteil, dem ein protektiver Effekt zugeschrieben wird, um 7 mg/dl. Die Nahrung mit hohem Gehalt an gesättigten Fettsäuren erhöhte das LDL-Cholesterin um 18 mg/dl, bei gleichbleibendem HDL-Wert. Trans-Fettsäuren beeinflussen somit das LDL/HDL-Verhältnis sogar ungünstiger als gesättigte Fettsäuren.5

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Ölsäure, eine Fettsäure mit 18 Kohlenstoffatomen (18:1) und den beiden Kettenresten in cis-Stellung, ist Hauptvertreter der einfach ungesättigten Fettsäuren und kommt in hohen Konzentrationen z.B. in Oliven- oder Erdnußöl vor. Ölsäure senkt den Cholesterinspiegel leicht.6,9

GEHALT IN FETTEN: Diät-3 und Reformmargarinen1 (wie z.B. BECEL, DELI REFORM, EDEN VOLLWERT, SANAVIT u.a.) enthalten praktisch keine trans-Fettsäuren, Butter 4% bis 11%, normale Margarinen 5% bis über 30%.5 In Markenmargarinen sollen sich nach Auskunft des Margarine-Instituts hierzulande etwa 5% trans-Fettsäuren verbergen.1 In Pommes frites von Burger King und McDonald's fanden sich 24% bis 35% der Fettsäuren als trans-Isomere.4

Bei der Herstellung von Margarinen und Backfetten lassen sich trans-Fettsäuren vermeiden, indem umgeesterte oder fraktionierte Fette verwendet oder die einzelnen Fettsäuremoleküle vollständig hydriert werden – im wesentlichen Linolsäure zu Stearinsäure als Endprodukt.6 Diese gesättigte Fettsäure beeinflußt nach neuerer Erkenntnis den Cholesterinspiegel kaum.7**

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Die bisher geltenden Ansichten über den Einfluß verschiedener Fettsäuren auf den Cholesterinspiegel müssen möglicherweise in mehreren Punkten revidiert werden: Unter den gesättigten Fettsäuren wird nur noch der Myristin- (14 Kohlenstoffatome, keine Doppelbindung; 14:0) und der Palmitinsäure (16:0) ein deutlich Cholesterinspiegel-steigernder Effekt zugesprochen. Laurinsäure (12:0) besitzt ihn wahrscheinlich ebenfalls, wenn auch in geringerem Ausmaß. Stearinsäure (18:0) und die mittelkettigen Fettsäuren Capryl- (8:0) und Caprinsäure (10:0) gelten dagegen inzwischen in bezug auf den Cholesterinspiegel als neutral.6,8

FAZIT: Verzehr von Margarine, Keksen, "Fast Food"-Pommes frites, Konfekt und anderen trans-Fettsäure-reichen Nahrungsmitteln erhöht langfristig offenbar das Herzinfarktrisiko. Der Cholesterinspiegel wird zweifach ungünstig beeinflußt: das LDL-Cholesterin steigt und HDL-Cholesterin sinkt. Es empfiehlt sich, konventionelle Margarinen, die 5-30% trans-Fettsäuren enthalten, zu meiden und als Streichfette sogenannte Reform- oder Diätmargarinen wie BECEL, DELI REFORM u.a. vorzuziehen. Diese enthalten praktisch keine trans-Fettsäuren und sind reich an ungesättigten Fettsäuren.


© 1993 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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