NOCHMALS: SEHNENRISS UNTER LEVOFLOXACIN (TAVANIC) AUFFÄLLIG HÄUFIG

Seit gut einem Jahrzehnt ist bekannt, dass Gyrasehemmer Sehnenschäden bis hin zu Sehnenrissen auslösen können ( a-t 1992; Nr. 11: 116). Die Schädigung gilt als Gruppeneffekt. Allerdings gibt es offensichtlich Unterschiede in der Gefährdung. In den letzten Wochen wird unserem NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION mehrfach über Sehnenschäden unter dem erst seit 1998 erhältlichen Levofloxacin (TAVANIC) berichtet. Von insgesamt 44 Verdachtsmeldungen über Beeinträchtigungen der Sehnen durch Gyrasehemmer entfallen inzwischen 20 (45%) auf Levofloxacin, davon 6 mit Riss der Achillessehne und eine mit Riss einer Fingersehne. Im Vergleich dazu liegen uns in Verbindung mit Ofloxacin (TARIVID u.a.) und Ciprofloxacin (CIPROBAY u.a.) 9 bzw. 7 Meldungen über Sehnenschmerzen und -entzündung vor, davon jeweils 4 mit Achillessehnenriss. Die in den Fachinformationen (1) genannten Risikofaktoren, höheres Lebensalter und gleichzeitiger Gebrauch von Kortikoiden, spiegeln sich nur zum Teil in den uns vorliegenden Berichten wider. Von den 37 Patienten mit Altersangaben ist die Hälfte über 65 Jahre alt und 8 (18%) von allen 44 Patienten haben zeitgleich systemische Kortikoide angewendet. Ein großer Teil der Schädigungen lässt sich somit nicht mit bekannten Risiko-Konstellationen erklären. Die Tendinopathien ereignen sich bei 30 (68%) der 44 Geschädigten innerhalb einer Woche, bei 9 (20%) bereits innerhalb von zwei Tagen nach Einnahmebeginn.

Auch in den Daten des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) fällt Levofloxacin auf (vgl. a-t 2000; 31: 55). Dabei wird Levofloxacin deutlich seltener verordnet als der Marktführer Ciprofloxacin. Ein besonders sehnenschädigendes Potenzial von Levofloxacin lässt sich möglicherweise auf die relativ hohe Dosierung zurückzuführen: Obwohl Levofloxacin die reine linksdrehende Form, also die mikrobiologisch aktive Hälfte von Ofloxacin ist, wird es nicht halb so stark dosiert wie Ofloxacin, sondern sogar mehr als doppelt so hoch - beispielsweise bei Haut- und Weichteil-Infektionen mit bis zu 1.000 mg statt 400 mg. Durch Hochdosierung soll wohl Wirksamkeit gegen Kokken erreicht werden.

Die Ereignisse bekräftigen erneut unsere Zurückhaltung gegenüber Gyrasehemmern, die auch durch bedrohliche zentralnervöse Erregung bis zur Psychose, lebensbedrohliche Kardiotoxizität, Leberschäden, immunallergische Erkrankungen u.a. auffallen. Standardantibiotika wie Amoxicillin (AMOXYPEN u.a.), Makrolide oder Tetrazykline sind gut wirksam und in der Regel besser verträglich (a-t 1999; Nr. 11: 120).

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z.B. Aventis Pharma: Fachinformation TAVANIC, Stand April 2001



© Redaktion arznei-telegramm
blitz-a-t 12. Dezember 2001