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Nebenwirkungen

THROMBOTISCHE MIKROANGIOPATHIE UNTER BETAINTERFERONEN

Eine unerwartet hohe Anzahl von Verdachtsmeldungen über thrombotische Mikroangiopathien, die sich als thrombotisch-thrombozytopenische Purpura oder hämolytisch-urämisches Syndrom manifestieren, berichten schottische Autoren unter dem Interferon-beta-1a-Präparat REBIF. Insbesondere vermuten sie einen Zusammenhang mit der seit September 2007 in Europa vertriebenen Humanalbumin-freien Formulierung des Multiple-Sklerose-Mittels.* 29 (83%) von 35 zwischen 1998 und 2012 international in der Datenbank des Herstellers Merck erfassten Berichte hierzu betreffen den Zeitraum seit 2007 und Länder, in denen die Humanalbumin-freie Formulierung vertrieben wird. Unter dem Interferon-beta-1a-Präparat AVONEX werden zwischen 1997 und 2012 weltweit insgesamt 11 entsprechende Berichte in der Datenbank des Anbieters Biogen idec identifiziert.1

* Beim FSME-Impfstoff TICOVAC waren seinerzeit ebenfalls nach Herausnahme des Hilfsstoffes Albumin (und des Quecksilberkonservans) verstärkt unerwünschte Wirkungen aufgetreten, hier aber Fieberkrämpfe u.a. (a-t 2001; 41: 41-3).

Bei vier der fünf genauer beschriebenen Patienten aus Großbritannien finden sich Prodromi wie neu aufgetretene Hypertonie, Thrombozytopenie, Anämie und verminderte glomeruläre Filtrationsrate. Erst Monate später erfolgt die Diagnose bei Nierenversagen, schwerer Hypertonie und mikroangiopathischer hämolytischer Anämie. Ein Patient stirbt. Die Autoren folgern, dass schwere Folgen durch erhöhte Aufmerksamkeit für diese Symptome möglicherweise gemindert werden können.1

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) informierte bereits 2008 über fünf Verdachtsberichte zu hämolytisch-urämischem Syndrom unter Betainterferonen.2 Die europäische Arzneimittelbehörde EMA identifizierte 2013 in der Eudravigilanz-Datenbank ein Risikosignal. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA empfahl daraufhin im Februar 2014, in die Fachinformation aller Betainterferone einen Warnhinweis auf thrombotisch-thrombozytopenische Purpura und hämolytisch-urämisches Syndrom aufzunehmen, die mehrere Wochen bis Jahre nach Therapiebeginn auftreten können.3,4 Bislang nennt lediglich die Fachinformation des Interferon-beta-1a-Präparats REBIF5 diese unerwünschten Effekte.

1 HUNT, D. et al.: N. Engl. J. Med. 2014; 370: 1270-1
2 AkdÄ: Dt. Ärztebl. 2008; 105: A905; http://www.a-turl.de/?k=rtle
3 PRAC: Recommendations on signals, 24. Febr. 2014
http://www.a-turl.de/?k=sert
4 PRAC: Minutes of the meeting on 2-5 Sept. 2013
http://www.a-turl.de/?k=obin
5 Merck: Fachinformation REBIF, Stand Dez. 2013

© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 9. Mai 2014

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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