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Neu auf dem Markt

ASTHMA/COPD: FLUTICASONFUROAT-VILANTEROL-INHALAT (RELVAR ELLIPTA)

Mit der Fixkombination Vilanterol zur Inhalation (RELVAR ELLIPTA) hat GlaxoSmithKline im Januar 2014 einen Nachfolger seines Fluticasonpropionat-Salmeterol-Originals VIANI auf den Markt gebracht.1 In dem Pulverinhalat wird das hierzulande zuvor nicht angebotene langwirkende selektive Beta2-Mimetikum Vilanterol mit dem synthetischen Glukokortikoid Fluticasonfuroat kombiniert, das GSK bislang nur als Nasenspray gegen allergische Rhinitis vertrieben hat (AVAMYS).2 Wie die ältere Kombination ist das neue Inhalat bei Asthma und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zugelassen, wird im Gegensatz zu dieser aber nur einmal täglich angewendet.3,4

Bei Asthma ist die neue Kombination zur Dauertherapie von Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren zugelassen, die mit Kortikoidinhalat und bedarfsweiser Inhalation eines kurzwirkenden Beta2-Mimetikums nicht ausreichend eingestellt sind. Dabei soll nach Einschätzung der europäischen Arzneimittelbehörde EMA die Wirkstärke von einmal täglich 100 µg Fluticasonfuroat, von denen am Mundstück 92 µg abgegeben werden, ungefähr der von zweimal täglich 250 µg Fluticasonpropionat entsprechen.4 Die zugelassenen Fluticasonfuroat-Dosierungen von 92 µg bzw. 184 µg lassen sich demnach gemäß der nationalen Versorgungsleitlinie Asthma, die nur Fluticason5 erwähnt und damit das Propionat meint, für Erwachsene als mittel- bzw. hochdosiert einordnen. In dem fünf Stufen umfassenden Schema zum Erreichen der Asthmakontrolle5 gehört die Kombination somit in Therapiestufe 4.

Bei COPD ist das Inhalat für die symptomatische Behandlung Erwachsener mit postbronchodilatatorischer Einsekundenkapazität (FEV1) unter 70% des Normwertes zugelassen, wenn in der Vorgeschichte trotz regelmäßiger bronchodilatatorischer Therapie Exazerbationen aufgetreten sind.4 Die aktuelle GOLD*-Leitlinie empfiehlt inhalative Glukokortikoide erst bei jährlich wenigstens zwei Exazerbationen oder wenigstens einer mit Hospitalisierung oder aber ab schwerer Minderung der FEV1 auf unter 50% des erwarteten Wertes bei einem Verhältnis von FEV1 zur forcierten Vitalkapazität von unter 0,7 postbronchodilatatorisch.6 Bei COPD darf nur die niedrige Dosis verwendet werden. Die höhere Dosis bringt keinen Zusatznutzen, jedoch unter anderem ein erhöhtes Risiko für Pneumonien.4

* GOLD = Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease

EIGENSCHAFTEN: Wie andere Betamimetika stimuliert Vilanterol die intrazelluläre Adenylatcyclase. Über erhöhte Spiegel von zyklischem Adenosinmonophosphat wird die glatte Bronchialmuskulatur entspannt und die Freisetzung von Mediatoren der allergischen Sofortreaktion, insbesondere aus Mastzellen, gehemmt. Fluticasonfuroat wirkt wie andere Glukokortikoide antiphlogistisch. Der genaue Mechanismus, über den es Asthma- und COPD-Symptome beeinflusst, ist nicht bekannt.4
Nachteilig ist, dass RELVAR ELLIPTA nicht über 25°C gelagert4 werden darf und bei Aufbewahrung im Kühlschrank mindestens eine Stunde vor einer Inhalation auf Raumtemperatur gebracht werden soll. Das Fluticasonpropionat-Salmeterol-Original VIANI ist bis 30°C lagerbar,3 die Generika ROLENIUM7 und AIRFLUSAL FORSPIRO8 ebenfalls nur bis 25°C.

Tagesdosis einmal täglich 92 µg/22 µg (Asthma und COPD) bzw. einmal täglich 184 µg/22 µg (nur bei Asthma, nicht bei mäßiger oder schwerer Einschränkung der Leberfunktion)4
Halbwertszeit Fluticasonfuroat: 24 Stunden,
Vilanterol: 14-21 Stunden9
Verstoffwechselung in erster Linie durch CYP 3A4
Elimination nach Metabolisierung hauptsächlich mit den Fäzes
Wechselwirkungen Vorsicht bei gleichzeitiger Anwendung starker CYP3A4-Inhibitoren wie Ritonavir: erhöhte Spiegel von Fluticasonfuroat und Vilanterol; Wirkung von Vilanterol kann durch Betablocker abgeschwächt oder aufgehoben werden4

WIRKSAMKEIT: Zum Vergleich mit langwirkendem Betamimetikum plus Glukokortikoid in hierzulande zugelassenen Dosierungen findet sich unter den Zulassungsstudien bei Asthma und COPD lediglich jeweils eine Studie.2 An diesen randomisierten, auf Überlegenheit angelegten Doppelblindstudien10,11 nehmen 806 Erwachsene und Jugendliche mit persistierendem Asthma und 528 COPD-Patienten teil. Nach 24 bzw. 12 Wochen ist die Lungenfunktion** unter der hier geprüften Dosierung von einmal täglich 92 µg/22 µg Fluticasonfuroat/Vilanterol nicht signifikant besser als unter zweimal täglich 250 µg/50 µg10 bzw. 500 µg/50 µg11 Fluticasonpropionat/Salmeterol. Schlechtere Wirksamkeit ist damit jedoch nicht ausgeschlossen. Zur Einordnung des therapeutischen Stellenwerts fehlen aber insbesondere entsprechende Vergleichsstudien zur Verhinderung von Asthma- bzw. COPD-Exazerbationen, bei COPD auch gegenüber Tiotropium (SPIRIVA). Bei Patienten mit mindestens mittelschwerer COPD und kurz zurückliegender Exazerbation geben wir diesem inhalativen Anticholinergikum gegenüber langwirkenden Betamimetika den Vorzug, da es Exazerbationen besser vorbeugt als Salmeterol (SEREVENT u.a.; a-t 2011; 42: 35-6). Bei Jugendlichen mit Asthma, für die nur spärliche Daten vorhanden sind, werden in einer der Zulassungsstudien - anders als bei Erwachsenen - numerisch häufiger schwere Exazerbationen unter 92 µg/22 µg Fluticasonfuroat/Vilanterol beobachtet als unter 92 µg Fluticasonfuroat allein (Hazard Ratio 1,4; 95% Konfidenzintervall 0,6-3,2).4,12

** Primärer Endpunkt ist in beiden Studien die Änderung der gewichteten mittleren FEV1 von 0 bis 24 Stunden gegenüber dem Ausgangswert.

STÖRWIRKUNGEN: Häufigste Störwirkungen sind Kopfschmerzen (7% bis 17%), Nasopharyngitis (10% bis 14%) und obere Atemwegsinfektionen (7% bis 10%). Mit oraler Candidiasis als typischer Störwirkung inhalativer Glukokortikoide ist bei 2% bis 7% zu rechnen. Pneumonien, ebenfalls eine bekannte Schadwirkung inhalativer Glukokortikoide, treten bei COPD-Patienten mit 77 Pneumonien pro 1.000 Patientenjahre unter der höheren (bei COPD nicht zugelassenen) Dosierung und 68 unter der niedrigeren Dosis häufiger auf als unter Plazebo mit 18 Pneumonien pro 1.000 Patientenjahre. Dies gilt auch für tödliche Pneumonien (pro 1.000 Patientenjahre 8 bzw. 1 vs. 0). Bei Asthmapatienten sind Pneumonien seltener beschrieben (pro 1.000 Patientenjahre 18 bzw. 10 vs. 8) als bei COPD. Nach Einschätzung der EMA kann für die höhere Dosis jedoch ein ähnlicher Effekt wie bei COPD nicht ausgeschlossen werden. Unter Monotherapie mit Fluticasonfuroat bei Asthma wurde eine tödliche Pneumonie beobachtet. Das Pneumonierisiko soll bei Asthma und COPD in je einer Sicherheitsstudie noch genauer untersucht werden.2 Knochenbrüche treten bei 2% der COPD-Kranken unter der Kombination auf vs. 1% unter Vilanterol allein.13 Kardiovaskuläre Störwirkungen wie Extrasystolen sind bei Asthma unter der höheren Dosierung häufiger als unter der niedrigeren (pro 1.000 Patientenjahre 155 vs. 66).2 Aus den direkten Vergleichsstudien ergeben sich keine Vorteile gegenüber Fluticasonpropionat-Salmeterol-Inhalat.10,11

In den USA hatte GSK nur die Zulassung bei COPD beantragt. Wie bei anderen langwirkenden Betamimetikainhalaten wird dort mittels "boxed warning" vor erhöhtem Risiko Asthma-assoziierter Todesfälle gewarnt (vgl. a-t 2010; 41: 47-8).13

KOSTEN: Fluticasonfuroat-Vilanterol-Inhalat (RELVAR ELLIPTA) kostet pro Monat 49 € (bei 1 x tgl. 92 µg/22 µg) und damit bei Asthma etwa so viel wie das Fluticasonpropionat-Salmeterol-Original VIANI (50 € bei 2 x tgl. 250 µg/50 µg) und etwa 30% mehr als ein Generikum (ROLENIUM: 38 €).

∎  Mit dem Fluticasonfuroat- und Vilanterol-haltigen Inhalat RELVAR ELLIPTA ist eine weitere Kombination aus Glukokortikoid plus langwirkendem Beta2-Mimetikum für die Behandlung von Asthma und COPD erhältlich.

∎  Vorteile oder auch nur Gleichwertigkeit hinsichtlich der Besserung der Lungenfunktion und Verhinderung von Asthma- und COPD-Exazerbationen gegenüber bislang verfügbaren Betamimetika-Kortikoid-Kombinationen sind nicht hinreichend belegt.

∎  Beim derzeitigen Kenntnisstand sehen wir keinen Stellenwert für die neue Kombination.

  (R = randomisierte Studie)
1 Ärzte Zeitung online. 16. Jan. 2014; http://www.a-turl.de/?k=hade
2 EMA: Europ. Beurteilungsbericht (EPAR) RELVAR ELLIPTA, Stand Sept. 2013;
http://www.a-turl.de/?k=eupz
3 GlaxoSmithKline: Fachinformation VIANI DISKUS, Stand Juli 2013
4 GlaxoSmithKline: Fachinformation RELVAR ELLIPTA, Stand Nov. 2013
5 Bundesärztekammer et al.: Nationale Versorgungsleitlinie Asthma - Langfassung,
2. Aufl. Version 5, 2009, zuletzt geändert Aug. 2013
http://www.a-turl.de/?k=alln
6 Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease: Global Strategy for Diagnosis, Management and Prevention of COPD, Stand Jan. 2014
zu finden unter http://www.goldcopd.org
7 Elpen: Fachinformation ROLENIUM, Stand Juli 2013
8 Hexal: Fachinformation AIRFLUSAL FORSPIRO, Stand Jan. 2014
9 FDA: Summary Review BREO ELLIPTA, Stand Mai 2013 http://www.a-turl.de/?k=egsc
R  10 WOODCOCK, A. et al.: Chest 2013; 144: 1222-9
R  11 AGUSTI, A. et al.: Eur. Respir. J. 2014; 43: 763-72
R  12 BATEMAN, E.D. et al.: Thorax, online publiziert Nov. 2013 (8 Seiten)
doi: 10.1136/thoraxjnl-2013-203600
13 GlaxoSmithKline: US-amerikanische Produktinformation BREO ELLIPTA, Stand Okt. 2013; http://www.a-turl.de/?k=itzb

© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 14. März 2014

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