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Nebenwirkungen

EMA: THROMBOEMBOLIE-HÄUFIGKEIT UNTER KONTRAZEPTIVA NEU BEWERTET

Der europäische Risikobewertungsausschuss im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) hat seine Überprüfung des Risikos venöser Thromboembolien (VTE) unter niedrig dosierten kombinierten hormonalen Kontrazeptiva abgeschlossen und bescheinigt allen Präparaten eine positive Nutzen-Schaden-Bilanz. Das VTE-Risiko sei gering, bei insgesamt kleinen Unterschieden,1 lautet das Fazit, das eine eindeutige Positionierung vermissen lässt. Allerdings sollen verordnende Ärzte das Thromboembolierisiko der verschiedenen Präparate gegeneinander abwägen.1 Und das ist auch nach der aktuellen Einschätzung am niedrigsten unter Hormonkombinationen mit dem Gestagen Levonorgestrel sowie mit den hierzulande nur selten verordneten Abkömmlingen Norethisteron und Norgestimat. Kombinationspillen mit Desogestrel, Drospirenon oder Gestoden (z.B. a-t 2001; 32: 84; 2011; 42: 109), aber auch Verhütungsring und -pflaster mit den Gestagenen Etonogestrel bzw. Norelgestromin (a-t 2012; 43: 15-6 und 63-4) bergen hingegen eine deutlich größere VTE-Gefährdung. Für Produkte mit Chlormadinon, Dienogest oder Nomegestrol reichen die vorhandenen Daten für eine Beurteilung nicht aus (a-t 2010; 41: 98-9 und 2012; 43: 28-9).1

Da die Häufigkeitsangaben des PRAC zum VTE-Risiko etwa dreifach höher liegen als in den entsprechenden Passagen der aktuellen deutschen Fachinformationen (siehe Tabelle) und kombinierte hormonale Kontrazeptiva breit verordnet werden, bekommen die „kleinen Unterschiede” eine große Relevanz: 2012 verhüteten beispielsweise mindestens 550.000 Frauen mit Drospirenon-haltigen Pillen. Den Risikodaten des PRAC zufolge dürften darunter in Deutschland pro Jahr 250 Frauen mehr eine VTE erlitten haben, als wenn alle stattdessen ein Levonorgestrel-haltiges Kontrazeptivum eingenommen hätten.

Im Schadensfall könnte dies verordnende Ärzte in Erklärungsnot bringen, da relevante Vorteile von Kontrazeptiva der so genannten dritten oder vierten Generation* nicht hinreichend belegt sind. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) empfiehlt inzwischen, „insbesondere für Erstanwenderinnen und Anwenderinnen unter 30 Jahren” Kontrazeptiva mit niedrigerem VTE-Risiko, also beispielsweise Levonorgestrel-haltige, zu bevorzugen (a-t 2013; 44: 31).3

Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes halten wir es für überfällig, endlich die risikoärmeren Kombinationen als Mittel der ersten Wahl einzustufen und die riskanteren Kontrazeptiva als Mittel der Reserve, –Red.

1 EMA: PRAC confirms that benefits of all combined hormonal contraceptives (CHCs) continue to outweigh risks, 11. Okt. 2013; http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Press_release/2013/10/WC500151960.pdf
2 EMA: Combined hormonal contraceptives, undatiert http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/special_topics/general/general_content_000581.jsp&mid=WC0b01ac05806b6b24
3 BfArM: Risikoinformation vom 14. Febr. 2013 http://www.bfarm.de/DE/Pharmakovigilanz/risikoinfo/2013/RI-khk.html

* Die Einteilung in verschiedene Generationen spiegelt vor allem den Zeitpunkt der Markteinführung wider und ist weder wissenschaftlich begründet noch standardisiert.2

© 2013 arznei-telegramm, publiziert am 8. November 2013

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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