logo
logo
Die Information für medizinische Fachkreise
Neutral, unabhängig und anzeigenfrei
vorheriger Artikela-t 2013; 44: 46nächster Artikel
Korrespondenz

HILFT NALOC GEGEN NAGELPILZ?

Von der Firma MEDA Pharma wird im Moment sehr aktiv das neue Mittel NALOC gegen Nagelpilz beworben. Gibt es dazu unabhängige Studien, Bewertungen etc.?

A. MÖCK (Apothekerin)
D-86316 Friedberg
Interessenkonflikt: keiner

NALOC, eine flüssige Zubereitung aus Harnstoff (20%), Propylenglykol (> 60%) und Milchsäure (10%), wird als Medizinprodukt vertrieben. Qualitäts- und Wirksamkeitsnachweise wie bei einer formalen Zulassung als Arzneimittel sind für Medizinprodukte nicht erforderlich. Im Beipackzettel sind als Indikation "Nagelverfärbungen, die z.B. durch Nagelpilz verursacht sind", angegeben,1 auf der österreichischen Internetseite auch Verfärbungen durch Psoriasis.2 Als Wirkmechanismen der Kombination werden neben der Keratolyse durch Harnstoff antimykotische/antibakterielle Eigenschaften der beiden anderen Inhaltsstoffe hervorgehoben.3

Harnstoffhaltige Zubereitungen zur Nagelpilzbehandlung sind nichts Neues. So werden Kombinationen mit einem pharmakologisch aktiven Antimykotikum (z.B. Bifonazol plus 40% Harnstoff, in CANESTEN EXTRA Nagelset) als Reservemittel bei stark verdicktem Nagel empfohlen, wobei die chemische Destruktion des erkrankten Nagels durch Harnstoff die Penetration des Antimykotikums erleichtern soll.4

Unabhängige Studien zu NALOC finden wir nicht. Es existiert nur eine unter Beteiligung des Lizenzinhabers durchgeführte randomisierte plazebokontrollierte Studie3 mit 493 Patienten mit Nagelpilz, überwiegend der Zehennägel. Die Veränderung darf bei den Teilnehmern nicht mehr als drei Viertel der Nagelplatte einnehmen. Die Randomisierung wird nach dem Ausmaß des Nagelbefalls (≤ 50% vs.> 50%) stratifiziert. Über 24 Wochen werden pro Nagel täglich drei bis fünf Tropfen der Lösung angewendet. In den ersten vier Wochen muss über Nacht ein Okklusivverband angebracht werden. Primär werden Patienten mit Befall von höchstens 50% des Nagels ausgewertet: Hier führt die Behandlung zwei Wochen nach Therapieende bei 27,2% unter Verum und bei 10,4% unter Plazebo zu "mykologischer Heilung" (kein mikroskopischer oder kultureller Nachweis von Pilzbefall; primärer Endpunkt, Unterschied statistisch signifikant). Eine nach Einschätzung der Patienten wesentliche Besserung der Beschwerden wird nach 26 Wochen von 42,9% der Patienten unter NALOC und 27,1% unter Plazebo beschrieben. Bei Patienten mit Nagelbefall über 50% wird der primäre Endpunkt nicht signifikant beeinflusst. Der oft in anderen Studien zu Nagelpilz geprüfte relevante Endpunkt "komplette Heilung" (negativer Pilznachweis plus klinisch gesunder Nagel) wird in der Studie nicht erhoben.3

Lokale Störwirkungen sind im Vergleich zu Plazebo häufig: Schmerzen (6,1% versus 0,7%), Erythem (4,6% vs. 0%), Onycholyse (7,8% vs. 0,7%), Verfärbung (13,9% vs. 6,1%), Hautirritation (4,3% vs. 0%).3

Die Autoren verweisen darauf, dass die Wirksamkeit von NALOC in der gleichen Größenordnung liegt wie die von Ciclopirox-Nagellack (NAGEL BATRAFEN u.a.) in zwei plazebokontrollierten Studien.5 Solche indirekten Vergleiche können jedoch aufgrund großer Unterschiede der Studien irreführend sein (siehe a-t 2012; 43: 86-7). Eine Äquivalenz zu bestehenden Therapien mit antimykotisch wirkenden Lacken kann durch die Arbeit nicht belegt werden. In der Gebrauchsanweisung sowie der Anwendungsbeschreibung auf der Webseite der Firma fehlt zudem ein Hinweis auf den in der Studie verwendeten Okklusivverband.1,6 Der Verzicht auf Okklusion dürfte aber den Nutzen schmälern. Vorteile hinsichtlich der Anwendung im Vergleich zu Antimykotika-haltigen Nagellacken sind insgesamt nicht ersichtlich.

∎  Das Medizinprodukt NALOC, eine Kombination aus Harnstoff, Propylenglykol und Milchsäure, führt in einer randomisierten kontrollierten Studie bei Nagelpilz nach 24-wöchiger täglicher Anwendung zu häufigerer "mykologischer" Heilung als Scheinbehandlung. Klinische Heilungsraten wurden nicht geprüft.

∎  Gleichwertigkeit mit einer Lokalbehandlung mit einem Antimykotikum kann durch die Studie nicht belegt werden. Anwendungsvorteile sind nicht ersichtlich. Die vom Hersteller empfohlene Anwendung unterscheidet sich zudem durch das Fehlen eines Okklusivverbandes von dem in der Studie gewählten Behandlungsregime.

∎  Wir sehen keinen Platz für das Medizinprodukt in der topischen Therapie von Nagelpilz.

  (R = randomisierte Studie)
1 MEDA Pharma : Gebrauchsanweisung NALOC, Stand Juni 2012
2 MEDA Pharma: http://naloc.at/
R  3 EMTESTAM, L. et al.: Mycoses 2012; 55: 532-40
4 Prescrire Int. 2009; 18: 26-30
R  5 GUPTA, A.K. et al.: J. Am. Acad. Dermatol. 2000; 43: S70-80
6 MEDA Pharma: http://naloc.de/wie-wird-naloc-angewendet

© 2013 arznei-telegramm, publiziert am 10. Mai 2013

Autor: angegebene Leser bzw. Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.