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Die Information für medizinische Fachkreise
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Im Blickpunkt

FACHINFORMATIONEN - IM SCHNECKENTEMPO AKTUALISIERT

Viele Firmen stellen ihre Fachinformationen Ärzten und Apothekern über den FachInfo-Service (www.fachinfo.de) zur Verfügung, manche nur über die Firmenhomepage und einige nur auf Anfrage. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA erachtet die Fachinformationen, da sie Teil des Zulassungsdossiers sind, als offizielles regulatorisches Dokument, aber auch als Basis für die Information zu Nutzen und Risiken von Arzneimitteln.1,2 Diese Zwitterstellung wirkt sich negativ auf die Gebrauchstauglichkeit der Fachinfos aus, zumal die Verantwortlichkeiten für Aktualisierungen unklar bleiben. Firmen schieben des Öfteren die Verantwortung für deren Inhalt auf die Behörden. Wahrscheinlich um dieser Interpretation entgegenzuwirken, betont das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dass Firmen notwendige Vorsichtsmaßnahmen im Rahmen ihrer Eigenverantwortung unabhängig von behördlichen Vorgaben zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchzuführen haben.3 Eine zuverlässige Informationsquelle sind Fachinformationen aber dennoch nicht.2

Es dauert oft Monate, bis relevante Sicherheitshinweise in Fachinformationen einfließen. Beispielsweise begrenzte die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA im August 2011 die maximale Tagesdosis des selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers Citalopram (CIPRAMIL, Generika) auf 40 mg/Tag, um die Gefährdung durch QT-Verlängerung und lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen wie Torsade de pointes zu reduzieren (a-t 2011; 42: 80). Im September 2011 teilte uns Lundbeck auf Anfrage mit, auch hierzulande die Fachinformationen diesbezüglich "so schnell wie möglich" zu aktualisieren.4 Ende Oktober 2011 folgte der Rote-Hand-Brief der Firma.5 Erst im April 2012, sieben Monate nach der Ankündigung, ist der per FachInfo-Service zugängliche Text zu CIPRAMIL aktualisiert. 14 (70%) der 20 im FachInfo-Service verfügbaren Texte für Citalopram-Generika enthalten jedoch immer noch die längst überholten Dosisangaben. Wer sich an der Fachinformation orientiert, wird durch solche Alttexte falsch informiert.

Generell wäre es hilfreich, wenn den aktualisierten Fachinformationen zu entnehmen wäre, welche Passagen neu sind. Zumindest sicherheitsrelevante Änderungen sollten auffällig hervorgehoben werden. Unbefriedigend sind auch die Erläuterungen in der Rubrik Pharmakologie. Wer die dort zusammengefassten Studienergebnisse - sofern vorhanden - genauer nachlesen will, findet keine Literaturzitate.

Nicht nachvollziehbar ist zudem, dass ein Großteil der Fachinformationen erst Monate nach ihrem Aktualisierungsdatum in den FachInfo-Service eingespeist werden. Wir haben die 24 am 26. und 27. März 2012 in den FachInfo-Service als "geändert" eingestellten Texte beispielhaft überprüft. Die Hälfte (12 von 24) trägt ein Aktualisierungsdatum aus dem Vorjahr. Bei zwei dieser Fachinformationen (UROREC 4 mg und 8 mg) liegt die deklarierte Aktualisierung sogar mehr als zwei Jahre zurück ("Stand Januar 2010").

∎  Fachinformationen können eine nützliche Informationsquelle für Arzt und Apotheker sein, jedoch besteht beträchtlicher Verbesserungsbedarf.

∎  Sicherheitsrelevante Informationen werden oft erst mit Monate dauernder Verzögerung übernommen.

∎  Fachinformationen sollten so zeitnah wie möglich aktualisiert und relevante Änderungen hervorgehoben werden. Dies ist in Zeiten des elektronischen Publizierens problemlos möglich. Verpflichtende Vorgaben hierzu fehlen allerdings.

1 European Commission, 2009: A Guideline on Summary of Product Characteristics (SmPC), Sept. 2009
http://ec.europa.eu/health/files/eudralex/vol-2/c/smpc_guideline_rev2_en.pdf
2 Drug and Therapeutics Bulletin 2012; 50: 13
3 BfArM: Bekanntmachung über die Registrierung und Zulassung von Arzneimitteln vom 6. Dez. 2010
http://www.bfarm.de/SharedDocs/5_Bekanntmachungen/DE/Pharmakovigilanz/bm-phvig-20101206-ssri.pdf?__blob=publicationFile
4 Lundbeck : Schreiben vom 7. Sept. 2011
5 Lundbeck: Rote-Hand-Brief zu CIPRAMIL und dosisabhängiger QT-Intervall-Verlängerung, 31. Okt. 2011
http://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/RHB/Archiv/2011/20111031.pdf

© 2012 arznei-telegramm, publiziert am 5. April 2012

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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