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Kurz und bündig

Marketing per "Marktforschung"

In der Rechtsprechung setzt sich zunehmend die Auffassung durch, dass niedergelassene Vertragsärzte als Beauftragte der Gesetzlichen Krankenkassen Vermögensinteressen der Kassen wahrnehmen und sich nach § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) strafbar machen, wenn sie Zuwendungen von Pharmaunternehmen - in bar oder Sachmitteln - annehmen, die ihr Verordnungsverhalten beeinflussen können. Unzulässige Zuwendungen werden oft durch "fingierte Leistungsbeziehungen" verschleiert, z.B. durch Anwendungsbeobachtungen, Beraterverträge u.a. Was bis vor Kurzem strafrechtlich noch nicht erfasst worden ist, kann künftig Strafverfolgung begründen (BADLE, A.: "Konsequenzen der neuen Rechtsprechung zu § 299 StGB für die Ärzteschaft", 12. Deutscher Medizinrechtstag, 16./17. Sept. 2011 in Berlin). Auch so genannte Marktforschungs-Workshops oder Studien könnten künftig darunter fallen, zu denen Ärzte international zunehmend eingeladen werden, hierzulande beispielsweise von Kommunikationsfirmen wie Dres. SCHLEGEL & SCHMIDT (vgl. a-t 2000; 31: 49-50). Für den Besuch einer solchen Veranstaltung und die "beratende Tätigkeit" der Ärzte werden so genannte Aufwandspauschalen gezahlt, beispielsweise 175 € (Dres. SCHLEGEL & SCHMIDT: Einladung zu Marktforschungs-Beraterworkshop, Sept. 2010). In den Einladungen werden üblicherweise weder die beauftragende Pharmafirma genannt noch die Medikamente, um die es geht. Dennoch ist das Ziel letztlich, das Verordnungsverhalten zu beeinflussen, kommentiert ein US-amerikanischer Dermatologe. Obwohl er in einer Kleinstadt praktiziert und kein Vielverordner ist, hat er im März 2011 per E-Mail 32 Einladungen zu so genannten Marktforschungsbefragungen erhalten und hätte dafür insgesamt 2.067 US Dollar erhalten können, hochgerechnet auf ein Jahr also 24.800 Dollar (18.500 €). Bezogen auf die wichtigen Märkte weltweit dürften solche "Marktforschungen" einen Markt von hunderten Millionen oder Milliarden Dollar repräsentieren (ELPERN, D.J.: Int. J. Dermatol. 2011; 50: 1296-7). Bezahlen muss dies - wie bei anderen Marketingmethoden - letztlich die Gesellschaft, also die Versicherten, -Red.

© 2011 arznei-telegramm, publiziert am 14. Oktober 2011

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