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Nebenwirkungen

UMCKALOABO, DIE LEBER UND SPITZNER

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) überblickt 19 Verdachtsberichte zu unerwünschten Wirkungen an der Leber, darunter 10 zu Hepatitiden, die mit dem rezeptfreien Pelargoniumextrakt UMCKALOABO in Verbindung gebracht werden. Anlässlich aktueller Mitteilungen des a-t (a-t 2011; 42: 63) und der AkdÄ1 lässt der UMCKALOABO-Anbieter Spitzner erneut einen erschreckenden Umgang mit Verdachtsberichten zu unerwünschten Wirkungen erkennen (vgl. a-t 2006; 37: 58-9). Die Firma moniert in einem Fax an die Fachkreise, dass im a-t "die wesentliche Information" zur potenziell hepatotoxischen Komedikation "vorenthalten" worden sei.2 Tatsächlich wurde die Komedikation jedoch spätestens mit Beginn der Einnahme von UMCKALOABO abgesetzt, mit Ausnahme von Methyldopa, das bei Auftreten des Ikterus bereits vier Wochen lang eingenommen und bei vorheriger Anwendung 12 Monate lang gut vertragen wurde. In einem weiteren Rundfax beanstandet Spitzner, dass auch der von der AkdÄ veröffentlichte Bericht einschließlich ergänzender zur Verfügung gestellter Daten nicht vollständig sei, sodass "keine abschließende Kausalitätsbewertung möglich ist".3 Die Kausalität einer Komplikationlässt sich aber auf der Basis von Spontanberichten in der Regel ohnehin nicht eindeutig klären. Sie bleiben Verdachtsberichte. Und viele Verdachtsberichte erzeugen ein Risikosignal.

Spitzner errechnet auf der der Basis des eigenen Spontanmeldesystems Häufigkeiten von unerwünschten Wirkungen und kommt in Bezug auf "Leberaffektionen" auf 1 Ereignis pro 7.353.000 Patienten. Dies klingt exakt und extrem selten. Derartige Hochrechnungen zufälliger Berichte aus der Spontanerfassung unerwünschter Arzneimittelwirkungen sind jedoch irreführende Mitteilungen des Firmenmarketings und nicht zulässig. Aus den Angaben von Spitzner lässt sich errechnen, dass die Firma von weltweit lediglich 7 betroffenen Patienten mit Leberschädigung durch UMCKALOABO ausgeht.

Interessant erscheint uns, was die Firma in den Stellungnahmen unkommentiert lässt: In der Juli-Ausgabe des a-t zitieren wir den Entwurf eines Beurteilungsberichtes der europäischen Arzneimittelbehörde EMA.4 In diesem wird der Nutzen von Pelargoniumwurzelextrakt bei akuter Bronchitis, der einzigen hierzulande zugelassenen Indikation, als nicht angemessen belegt erachtet. Diese Beurteilung gilt auch für andere Indikationen. Damit wird die in a-t 2008; 39: 105-6 veröffentlichte Bewertung bestätigt, dass nach wie vor ein Nutzenbeleg für UMCKALOABO aussteht.

1 AkdÄ: Dt. Ärztebl. 2011; 108: A1651-2
2 Spitzner Arzneimittel: Stellungnahme zur Berichterstattung des aktuellen "arznei-telegramm" zu UMCKALOABO, 13. Juli 2011
3 Spitzner Arzneimittel: Stellungnahme zum Bericht der AkdÄ vom 29. Juli 2011 ("Hepatitis im Zusammenhang mit UMCKALOABO"), 2. Aug. 2011
4 EMA: Assessment report on Pelargonium sidoides DC and/or Pelargonium reniforme Curt., radix, Entwurf vom 31. März 2011; Doc.Nr. EMA/HMPC/ 560962/2010;
http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2011/06/WC500107717.pdf

* Vorversion am 15. Juli 2011 als blitz-a-t veröffentlicht.

© 2011 arznei-telegramm, publiziert am 19. August 2011

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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