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Zur Erinnerung – Geschmacksverlust durch Terbinafin (LAMISIL, Generika)

Eine 69-jährige Frau verliert nach etwa fünfwöchiger Behandlung ihrer Onychomykose mit Terbinafin (LAMISIL, Generika) jegliche Geschmacksempfindung. Zwar setzt sie das Mittel ab, hat jedoch bei anhaltender Ageusie keinen Appetit mehr und einen Monat später bereits 3 kg abgenommen (NETZWERK-Bericht 15.663). Schon bald nach Einführung des Pilzmittels Anfang der 1990er Jahre erschienen erste Berichte über Geschmacksstörungen bis hin zum Geschmacksverlust (a-t 1993; Nr. 1: 20). Mit inzwischen 35 Berichten wird Terbinafin in unserem NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION am häufigsten als Auslöser dieser Sinnesstörungen verdächtigt (vgl. a-t 1994; Nr. 11: 109). Als Risikofaktoren gelten höheres Alter, geringes Körpergewicht sowie Ageusie in der Anamnese. Die Beeinträchtigung tritt in der Regel nach mehrwöchiger Einnahme auf und hält nach Berechnungen einer Fall-Kontrollstudie oft Wochen bis Monate nach Absetzen an (STRICKER, B.H.C.: Br. J. Clin. Pharmacol. 1996; 42: 313-8), in Einzelfällen bis zu zwei Jahre (Novartis Pharma: Fachinformation LAMISIL Tabletten, Stand Juni 2008). Der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) liegen für Terbinafin 182 Verdachtsberichte über Geschmacksverlust vor. Mindestens 65 Patienten sind zum Berichtszeitpunkt noch nicht symptomfrei (AkdÄ: Schreiben vom 6. Sept. 2010). Geschmacksstörungen beeinträchtigen die Lebensqualität erheblich und können bei massivem Gewichtsverlust auch die Gesundheit schädigen. Angesichts des fraglichen Krankheitswertes eines Nagelpilzes (a-t 1999; Nr. 3: 31-2) und der enttäuschend geringen langfristigen Erfolge auch einer systemischen Therapie (Arzneimittelkursbuch 2010/11, A.V.I. Berlin, S. 1183) sollte mit den Patienten die Problematik der systemischen Behandlung eingehend erörtert werden. Anwender müssen wissen, dass unter Terbinafin schwere Schädigungen wie anhaltender Geschmacksverlust auftreten können und über Therapiealternativen informiert werden. Die betroffene Patientin unseres NETZWERK-Berichtes resümiert jedenfalls: „Mein Nagelpilzbefall ist mir völlig egal.”

© 2010 arznei-telegramm, publiziert am 17. September 2010

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