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Zentralnervöse Störwirkungen unter Metoprolol (BELOC-ZOK)

Ein 68-jähriger ansonsten gesunder Mann nimmt wegen Hypertonie seit fünf Jahren den ACE-Hemmer Enalapril (XANEF, Generika) sowie Metoprolol (BELOC-ZOK, Generika) ein. Nachdem er die Dosis des Betablockers verdoppelt hat, treten zunächst Pareidolien auf, beispielsweise scheint jede Wolke am Himmel ein Gesicht zu haben, anschließend auch Halluzinationen. Im weiteren Verlauf erlebt er den Mittelstreifen einer regennassen Straße während einer Autofahrt als "aggressiv". Auf der Autobahn bei hoher Geschwindigkeit überkommen ihn Angst und Panik. Die Straße scheint zu schmal für das eigene Auto, beim Überholen wird die Spur immer enger. Der Betroffene fürchtet, als psychisch krank eingestuft zu werden und vertraut sich bei wochenlang anhaltender Symptomatik zunächst niemandem an. Eine Woche nach Absetzen von Metoprolol und Verdoppelung der Enalaprildosis ist die Symptomatik wieder abgeklungen (NETZWERK-Bericht 15.587). In der Fachinformation von Metoprolol (z.B. AstraZeneca: Fachinformation BELOC-ZOK, Stand Juni 2009) werden zwar Halluzinationen erwähnt. Die aufgeführten zentralnervösen Störwirkungen seien jedoch "gewöhnlich leichterer Art und vorübergehend". Hinweise auf Psychosen (KOELLA, W.P.: Eur. J. Clin. Pharmacol. 1985: 28 [Suppl.] S55-S63) und Delir (FISHER, A.A. et al.: Cardiovasc. Drugs Ther. 2002; 16: 161-5) fehlen. ZNS-Effekte der Betablocker wie Depressionen, Albträume, Verwirrtheit bis zum Delir, Sinnestäuschungen, paranoide Psychose und Reaktivierung posttraumatischer Belastungsstörungen (REEVES, R.R. et al.: Psychosomatics 2003; 44: 440-2) scheinen von ihrer Lipophilie und der Möglichkeit, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, abzuhängen. Metoprolol soll dabei eine Mittelstellung innerhalb der Betablocker einnehmen (McAINSH, J.: Pharmacol. Ther. 1990; 46: 163-97). Viele Patienten bringen ZNS-Störwirkungen nicht mit der Einnahme von Betablockern in Verbindung. Solche Nebenwirkungen sollten daher aktiv erfragt werden. So erfährt ein Kollege, der seine eigenen Albträume unter Betablockern einer Patientin gegenüber erwähnt, durch die Reaktion "Ach, daher kommt das!" erstmals von den sie belastenden unerwünschten Wirkungen (Bericht 15.589).

© 2010 arznei-telegramm, publiziert am 18. Juni 2010

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