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Nebenwirkungen

EFALIZUMAB (RAPTIVA): RUHEN DER ZULASSUNG EMPFOHLEN

Die europäische Arzneimittelbehörde EMEA hat das Ruhen der Marktzulassung für das systemische Antipsoriatikum Efalizumab (RAPTIVA) empfohlen. Anlass ist eine erneute Nutzen-Risiko-Bewertung durch den europäischen Arzneimittelausschuss (CHMP), nachdem ein weiterer Bericht über progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML) bekannt geworden ist (vgl. a-t 2008; 39: 126). Damit sind seit September 2008 insgesamt drei bestätigte Erkrankungen an der in der Regel rasch zum Tode führenden opportunistischen viralen Hirninfektion dokumentiert. Zwei Patienten sind bereits verstorben.1,2 Der jüngste Bericht vom Januar 2009 betrifft einen 47-jährigen Anwender aus Deutschland.3 Ein weiterer Verdacht auf PML konnte nicht gesichert werden, weil vor dem Tod des Betroffenen keine diagnostischen Tests durchgeführt wurden. Alle vier hatten den monoklonalen Antikörper kontinuierlich länger als drei Jahre angewendet. Keiner hat gleichzeitig weitere Immunsuppressiva erhalten.4

Psoriasis ist eine unangenehme, oft behindernde, aber in der Regel nicht lebensbedrohliche Erkrankung. Der CHMP kommt zu dem Schluss, dass die üblicherweise tödlich verlaufende PML ein inakzeptables Risiko für die Anwender von Efalizumab darstellt. Hinzu kommen weitere schwere Störwirkungen des Biologikums einschließlich Guillain-Barré-Syndrom, Enzephalitis und anderer Infektionen wie Sepsis und Tuberkulose.

Angesichts des als "bescheiden" beurteilten Nutzens des Antikörpers, der die Migration und Aktivierung von T-Zellen hemmt, stuft der Ausschuss die Nutzen-Risiko-Bilanz von Efalizumab als negativ ein. Ärzte sollen das Mittel nicht mehr neu verordnen. Bestehende Therapien sind umzustellen. Achtung: Efalizumab darf nur unter engmaschiger ärztlicher Überwachung abgesetzt werden, da schwere Exazerbationen der Psoriasis einschließlich Erythrodermie und pustulöser Formen drohen. Da der Einfluss auf das Immunsystem nach Absetzen bis zu zwölf Wochen anhält, muss auch nach Beendigung der Behandlung auf neurologische Symptome und Zeichen einer Infektion geachtet werden.2

Auch unter anderen Biologika ist PML beschrieben, beispielsweise unter Natalizumab (TYSABRI: 8 Berichte; siehe auch a-t 2006; 37: 69-71),5 Rituximab (MABTHERA: 76 Berichte)6, Etanercept (ENBREL: 1 Bericht)7 oder Muromonab (ORTHOCLONE: 5 Berichte),8 ferner unter in der Transplantationsmedizin verwendeten Immunsuppressiva wie Ciclosporin A (SANDIMMUN OPTORAL u.a.) oder Mycophenolatmofetil (CELLCEPT)9 und dem zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassenen Leflunomid (ARAVA: 1 Bericht).10 Der Überblick über den derzeitigen Stand der Kenntnis zur Zahl der Spontanberichte über PML wird erschwert durch die Intransparenz bei vielen Herstellern.** Das Paul-Ehrlich-Institut führt derzeit auf europäischer Ebene eine Bewertung zum Klassenrisiko von PML durch monoklonale Antikörper durch, die vielleicht sogar - eine Anregung der EMEA - "der Öffentlichkeit in Form einer Publikation zugängig" gemacht werden soll,11-Red.

 1EMEA: Pressemitteilung vom 19. Febr. 2009;
http://www.emea.europa.eu/humandocs/PDFs/EPAR/raptiva/2085709en.pdf
 2EMEA: Questions & answers vom 19. Febr. 2009;
http://www.emea.europa.eu/humandocs/PDFs/EPAR/raptiva/RaptivaQ&A_1552509en.pdf
 3Merck Serono: Pressemitteilung vom 19. Febr. 2009; http://www.merckserono.com/corp.merckserono/en/images/20090219_de_tcm112_37936.pdf
 4FDA News vom 19. Febr. 2009;http://www.fda.gov/bbs/topics/NEWS/2009/NEW01958.html
 5Biogen: E-Mail vom 27. Febr. 2009
 6Roche: Schreiben vom 26. Febr. 2009
 7YAMAMOTO, M. et al.: Mod. Rheumatol. 2007; 17: 72-4
 8BfArM: Schreiben vom 27. Febr. 2009
 9SHITRIT, D. et al.: Transpl. Int. 2005; 17: 658-65
 10RAHMLOW, M. et al.: Arch. Neurol. 2008; 65: 1538-9
 11Paul-Ehrlich-Institut: E-Mail vom 2. März 2009
 *Vorversion am 20. Febr. 2009 als blitz-a-t veröffentlicht.
 **Folgende Hersteller beantworten unsere Anfrage zu PML gar nicht oder nur ausweichend: Alexion (Eculizumab), Amgen (Anakinra), Bristol-Myers Squibb (Abatacept), Essex Pharma (Infliximab), Janssen-Cilag (Muromonab), Merck Serono (Cetuximab) und Wyeth (Etanercept).

© 2009 arznei-telegramm, publiziert am 6. März 2009

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