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Therapieempfehlung

WELCHE WUNDAUFLAGE BEI CHRONISCH VENÖSEM ULKUS?

Grundlage der Therapie chronisch venöser Ulzera ist die Kompressionsbehandlung. Nach randomisierten kontrollierten Studien beschleunigt sie die Wundheilung. Weniger klar ist, welche Art des Kompressionsverfahrens am günstigsten ist (drei- oder vierlagige elastische Verbände; Kurz-, Mittel-, Langzugbinden usw.). Auf potenziell allergisierende Lokalanwendungen, z.B. mit Antibiotika oder Kosmetika, ist grundsätzlich zu verzichten.

Verwirrend ist die Vielzahl spezifischer "interaktiver" Wundauflagen wie Hydrokolloide, Schäume, Alginate und Hydrogele. Sie sollen durch Bindung von Wundexsudat, Aktivierung antimikrobieller Eigenschaften oder Barrierefunktionen gegen Flüssigkeit und Bakterien die Wundheilung beschleunigen. In Leitlinien werden jedoch, mangels belegter Vorteile für diese interaktiven Auflagen, einfache gering haftende Kompressen empfohlen.1,2

In einer aktuellen, methodisch sorgfältig durchgeführten systematischen Übersicht3 wird die Datenlage verschiedener unter den Kompressionsverbänden angewandter Wundauflagen ausgewertet. Insgesamt 42 Studien entsprechen den Einschlusskriterien. Sie geben Auskunft zu Geschwindigkeit der Wundheilung und Gesamtheilungsrate der Ulzera. Größtes Manko der meist kleinen Studien (im Mittel 76 Patienten) ist deren schlechte methodische Qualität. Selbst Ein- und Ausschlusskriterien werden lediglich bei zwei von drei Arbeiten dargestellt, die Randomisierung nur bei jeder vierten. Nur in jeder siebten Studie wird eine adäquat verblindete Zuteilung ("concealment of allocation") beschrieben. Eine verblindete Auswertung der Endpunkte wird sogar nur in einer Studie gewährleistet.

Trotz der Mängel, die normalerweise die Prüfpräparate begünstigen, lassen sich aus den spärlichen Daten keine Vorteile für die spezifischen Wundverbände gegenüber gering anhaftenden Wundauflagen oder Unterschiede untereinander ablesen. Die meisten Vergleiche betreffen Hydrokolloid-Auflagen und gering haftende Wundauflagen (acht Studien). Die Wundheilungsrate ist in beiden Gruppen gleich (relatives Risiko 1,02; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,83-1,25). Oft wird in den negativ verlaufenen Studien dennoch ein positives Fazit für spezifische Wundauflagen gezogen, indem vermeintliche, nicht objektivierte Vorteile wie "Patientenkomfort" oder bequeme Anwendung herausgestellt werden.

  Nach Auswertung einer aktuellen Metaanalyse besitzen spezifische Wundauflagen wie Hydrokolloide, Alginate, Schäume oder Hydrogele bei chronisch venösem Ulkus keinen Zusatznutzen gegenüber gering haftenden einfachen Wundauflagen in Bezug auf Abheilungsgeschwindigkeit und Abheilungsrate.

  Gering haftende einfache Wundauflagen sind erheblich preisgünstiger und daher zu bevorzugen.

 

 

(M= Metaanalyse)

 

1

Scottish Intercollegiate Guidelines Network: The Care of Patients with Chronic Leg Ulcer, Stand Juli 1998

 

2

Royal College of Nursing: The nursing management of patients with venous leg ulcers, Stand Sept. 2006
http://www.rcn.org.uk/publications/pdf/guidelines/venous_leg_ulcers.pdf

M

3

PALFREYMAN, S. et al.: BMJ 2007; 335: 244-55

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