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zur "lieferunfähigkeit" bei hypnorex retard - bei umstellung auf quilonum retard engmaschig kontrollieren
 
ZUR "LIEFERUNFÄHIGKEIT" BEI HYPNOREX RETARD -
BEI UMSTELLUNG AUF QUILONUM RETARD ENGMASCHIG KONTROLLIEREN


In Anschreiben an Psychiater und Nervenärzte teilt Sanofi Aventis mit, dass sich im Produktionsprozess des Lithium-Präparates HYPNOREX RETARD "technische Probleme ergeben haben, die kurzfristig nicht behoben werden können". Dies hat zu Lieferunfähigkeit geführt. Die Firma empfiehlt daher die Verwendung des ebenfalls Lithiumkarbonat-haltigen QUILONUM RETARD von GlaxoSmithKline (1).

Die Umstellung sei "aus klinischer Sicht ohne Bedenken möglich". Gleichzeitig verweist Sanofi Aventis jedoch auf die Unterschiede in Dosierung und Retardierung beider Produkte und empfiehlt engmaschige Serumspiegelkontrollen, im ersten Monat wöchentlich, "insbesondere, um Überdosierungen bis hin zur Intoxikation oder Unterdosierungen mit Wirksamkeitsverlust zu vermeiden" (1). Die Firma sieht nicht vor, die Kosten der durch die "technischen Probleme" erforderlichen Kontrollen und andere Folgekosten zu übernehmen.

Der Vorgang wirft Fragen auf: Wie können sich bei einem fast 40 Jahre alten Produkt, das allerdings bereits vor elf Jahren wegen unzureichender Retardierung aufgefallen war (2), plötzlich technische Probleme ergeben, die zur Lieferunfähigkeit führen? Warum informiert die Firma die Fachkreise erst, nachdem es zu Lieferschwierigkeiten gekommen ist? Bei stichprobenartigen Anrufen erweisen sich von uns befragte Apotheken als nicht informiert über die Lieferunfähigkeit. Ein Arzt berichtet uns allerdings, dass eine Patientin in der Apotheke bereits QUILONUM RETARD (12,2 mval Li/Tablette) statt HYPNOREX (10,8 mval Li/Tablette) erhalten habe - ohne vorherigen Rückruf und offensichtlich ohne Hinweis auf die erforderlichen Kontrollen.

Die therapeutische Breite von Lithium ist gering, die "ohne Bedenken" empfohlene Umstellung erscheint somit bedenklich. Unkontrollierte Umstellungen können mit Intoxikationen, bei Unterdosierung oder Therapieunterbrechung mit Provokation manischer und depressiver Symptomatik einhergehen. Die Rate an Suizidversuchen und Suiziden steigt nach abruptem Absetzen von Lithium deutlich an (3).

Auf wiederholte Anfragen erhalten wir von Sanofi Aventis bis Redaktionsschluss keine konkrete Antwort, wann HYPNOREX RETARD wieder zuverlässig lieferbar sein wird. Dabei hat die Firma über öffentliche Apotheken zuletzt jährlich immerhin 260.000 Packungen HYPNOREX im Fabrikabgabewert von 2,8 Millionen Euro verkauft und damit nur 10.000 Packungen weniger als GlaxoSK von QUILONUM. Neuere, erst seit Kurzem zur Prävention depressiver Phasen bei bipolarer Störung angebotene Mittel wie Lamotrigin (ELMENDOS u.a.; a-t 2004; 35: 2-4) oder die für diese Indikation unzureichend geprüfte, aber Off-Label verwendete Valproinsäure (z.B. ERGENYL) sind keine Alternativen. Allerdings lassen sich damit höhere Umsätze erzielen.



1

Schreiben von Sanofi Aventis vom 9. Juni 2005

2

HEIM, W. et al.: Pharmacopsychiat. 1994; 27: 27-31

3

BALDESSARINI, R.J. et al.: Bipolar Disorders 1999; 1: 17-24



© Redaktion arznei-telegramm
blitz-a-t 14. Juni 2005

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