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Nebenwirkungen

FLUTICASON-INHALAT (FLUTIDE U.A.): ADDISON-KRISE, MEIST BEI KINDERN

Unter langfristiger systemischer Anwendung hoher Glukokortikoid-Dosierungen kommt es zur Suppression der Nebennierenrindenfunktion. Diese kann sich nach plötzlichem Absetzen oder bei erhöhtem Kortikoidbedarf als lebensgefährliche ADDISON-Krise manifestieren. Inhalative Glukokortikoide, die bei Asthma bronchiale verwendet werden, sollen das Risiko im Vergleich zu oralen Kortikoiden vermindern. Durch systematische Befragung aller ca. 3.000 Endokrinologen in Großbritannien werden jetzt 37 Episoden einer ADDISON-Krise bei 33 Patienten - darunter 28 Kinder - unter inhalativen Glukokortikoiden bekannt. Nur einer der Patienten hat innerhalb des letzten Jahres zusätzlich orale Glukokortikoide über mehr als 21 Tage eingenommen. Ein Kind verstirbt an Pneumokokken-Sepsis und den Folgen einer akuten Nebennierenrindeninsuffizienz. 30 (91%) Patienten haben als einziges inhalatives Glukokortikoid meist hoch dosiertes Fluticason (FLUTIDE u.a.; 500 µg/Tag bis 2.000 µg/Tag) verwendet, ein Kind Fluticason und Budesonid (PULMICORT u.a.), zwei Patienten Beclometason (SANASTHMYL u.a.). Dabei wird in Großbritannien Budesonid etwas häufiger als Fluticason und Beclometason sogar viermal so häufig verordnet. Die Autoren erklären das anscheinend höhere Risiko einer ADDISON-Krise unter Fluticason (vgl. "Arzneimittelkursbuch 2002/03", A.V.I. Berlin 2002, Seite 2167) mit dessen starker Lipophilie und der damit verbundenen hohen systemischen Aufnahme über die Lunge. Fluticason könne so trotz seiner fast 99%igen hepatischen First-Pass-Verstoffwechselung im Körper kumulieren.1

Dass vor allem Kinder betroffen sind, ist wahrscheinlich auf die bei diesen relativ zur Körperoberfläche höhere Dosis zurückzuführen. Mehr als 75% der Kinder benutzten (soweit bekannt) ein Dosieraerosol.1 Pulverinhalation scheint demgegenüber mit geringerer Suppression der Nebennierenrindenfunktion verbunden zu sein.23 der 28 Kinder (10%) haben wahrscheinlich gar kein Asthma. Bronchialgesunde haben aber ein erhöhtes Risiko systemischer Effekte unter Fluticason.1

Die Autoren betonen, dass es wichtig ist, die geringste effektive Erhaltungsdosis zu verwenden und die korrekte Asthmadiagnose sicherzustellen, bevor die zugelassene Höchstdosis überschritten wird. Für Patienten, die bereits länger als ein Jahr mit höheren als den zugelassenen Dosierungen behandelt werden müssen - wie dies bei 76% der erfassten Personen der Fall war -, empfehlen sie, die Nebennierenrindenfunktion mittels Low-dose-ACTH- Stimulationstest zu überprüfen.1

FAZIT: Auch inhalative Glukokortikoide können, vor allem in hohen Dosierungen, lebensgefährliche ADDISON-Krisen mit Hypoglykämie, Krampfanfällen oder Koma auslösen. Kinder sind besonders gefährdet. Da Fluticason (FLUTIDE u.a.) mit höherem Risiko einherzugehen scheint als andere inhalative Kortikoide, raten wir von der Verwendung dieser Pseudoinnovation ab.

© 2002 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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