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CHOLESTERINSENKER EZETIMIB (EZETROL)

Die seit 1994 publizierten Langzeitinterventionsstudien mit CSE-Hemmern1-6 haben nicht nur den lebensverlängernden Nutzen von Pravastatin (MEVALOTIN, PRAVASIN) und Simvastatin (DENAN, ZOCOR) nachgewiesen. Die Studien haben auch eine Klärung der Indikationen und Ziele einer cholesterinsenkenden Therapie gebracht. In der Primärprävention stellt der isolierte Risikofaktor einer Hypercholesterinämie - abgesehen von den seltenen familiären Formen - keine begründete Indikation für ein Statin mehr dar. In der Sekundärprävention bei symptomatischer Atherosklerose profitieren andererseits nicht nur Patienten mit erhöhten Cholesterinwerten, sondern auch diejenigen mit Werten im unteren Normbereich. Ein optimaler LDL-Zielwert kann anhand der vorliegenden Daten nicht definiert werden. Der klinische Nutzen einer Statinbehandlung scheint nach den Daten der Heart Protection Study6 sogar unabhängig von der LDL-senkenden Wirksamkeit zustande zu kommen. Die Erfahrung mit dem Me-Too-Präparat Cerivastatin (LIPOBAY, ZENAS), das wegen lebensbedrohlicher Schadwirkungen aus dem Handel gezogen werden musste (a-t 2001; 32: 36, 2001; 32: 88-9), bekräftigt darüber hinaus den Grundsatz, nur diejenigen Mittel präventiv zu verwenden, die in Langzeitstudien mit positiven Ergebnissen geprüft worden sind.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachzuvollziehen, dass der Cholesterinsenker Ezetimib (EZETROL) auf der Basis von Surrogatparametern ohne Einschränkungen für sämtliche Formen der Hypercholesterinämie zugelassen wird. Der Wirkmechanismus des Mittels unterscheidet sich von denen der bisher verfügbaren Stoffklassen. Ezetimib hemmt die Absorption des Cholesterins aus dem Darm, d.h. die Aufnahme des Nahrungscholesterins und des Cholesterins aus dem enterohepatischen Kreislauf.7 Der Effekt geht offenbar mit einer Zunahme der endogenen Cholesterinsynthese einher.8

EIGENSCHAFTEN: Ezetimib und sein wichtigster, pharmakologisch aktiver Metabolit, Ezetimibglukuronid, unterliegen wahrscheinlich einem enterohepatischen Kreislauf und werden mit einer Halbwertszeit von 22 Stunden hauptsächlich über die Galle ausgeschieden. Bei mäßiger und schwerer Leberinsuffizienz steigen die Ezetimibspiegel um das Drei- bis Sechsfache.7 Das Mittel wird für diese Patienten nicht empfohlen.7,9

KLINISCHE STUDIEN: Langzeitstudien zu Ezetimib mit klinischen Endpunkten fehlen. In zwei unveröffentlichten zwölfwöchigen Kurzzeitstudien senken täglich 10 mg das LDL-Cholesterin um 18% und steigern das HDL um 1%7,9 (zum Vergleich: Pravastatin und Simvastatin senken in der empfohlenen Dosierung von täglich 40 mg das LDL um 25% bis 40% und steigern das HDL um 5%). In ebenfalls unveröffentlichten Studien bringt die Kombination von Ezetimib mit einem Statin eine um 12% bis 15% stärkere LDL-Senkung als das Statin allein. Auch die HDL-Steigerung nimmt geringfügig zu, allerdings nicht im Vergleich von Ezetimib plus Pravastatin mit Pravastatin allein.7

An der einzigen bislang publizierten zulassungsrelevanten Studie nehmen 50 Patienten mit genetischer oder klinischer Diagnose der seltenen (1:1.000.000) homozygoten Form der familiären Hypercholesterinämie teil. Bei dieser Erkrankung ist das Plasmacholesterin stark erhöht (über 500 mg/dl), und eine koronare Herzkrankheit manifestiert sich oft schon im Kindesalter. Die an der Studie teilnehmenden Patienten sind mit Statinen (täglich 40 mg Atorvastatin [SORTIS] oder Simvastatin) und zur Hälfte mit LDL-Apherese vorbehandelt. In drei Studienarmen wird die Dosisverdoppelung der Statine mit einer Kombination aus täglich 10 mg Ezetimib plus Statin in bisheriger oder in doppelter Dosierung verglichen. Dosisverdoppelung der Statine senkt das LDL in zwölf Wochen um 7%. In den beiden gemeinsam ausgewerteten Armen mit Ezetimibkombination sinkt es dagegen signifikant stärker um 21%. Ein gegenläufiger Trend ergibt sich allerdings bei dem unter den sekundären Endpunkten erfassten HDL: Dieser Wert steigt unter doppelter Statindosis (+4,4%), sinkt aber unter der Kombination (-2,8%).10

In einer unveröffentlichten plazebokontrollierten Studie an 37 Patienten mit homozygoter Sitosterinämie, einer Stoffwechselstörung, die ebenfalls mit vorzeitigen Gefäßerkrankungen einhergeht, senkt Ezetimib die Serumspiegel der pflanzlichen Sterine Sitosterin und Campesterin.7

UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN: Die Sicherheit von Ezetimib lässt sich wegen fehlender Langzeitstudien nicht beurteilen. Im Vordergrund der unerwünschten Effekte bei Kurzzeitanwendung stehen Durchfall und Bauchschmerzen (3% bis 4%).7

Transaminasenanstieg auf mindestens das Dreifache der oberen Norm betrifft in klinischen Studien unter Ezetimib allein 0,5%, unter Kombination mit Statinen 1,3% und unter Statinen allein 0,4%. Bei gleichzeitiger Verwendung der beiden Therapieprinzipien muss die Leberfunktion wie für Statine vorgeschrieben überwacht werden. Patienten mit aktiver Lebererkrankung oder ungeklärter anhaltender Transaminasenerhöhung dürfen die Kombination nicht einnehmen. Eine Zunahme von Myopathien oder Rhabdomyolysen wird in klinischen Studien mit Ezetimib bisher nicht beobachtet.7

Gleichzeitige Einnahme von Colestyramin (QUANTALAN u.a.) senkt die Ezetimibspiegel um 55%. Von gleichzeitiger Einnahme mit Fibraten wird wegen des potenziellen Risikos der Cholelithiasis abgeraten. Komedikation mit einem Ciclosporin-A (SANDIMMUN u.a.)-haltigen Therapieregime bewirkt bei einem Patienten nach Nierentransplantation einen Anstieg des Ezetimibspiegels auf das Zwölffache.7,9

KOSTEN: Der Cholesterinabsorptionshemmer Ezetimib (EZETROL) wird mit monatlich 55 € für täglich 10 mg etwa 20% billiger angeboten als die CSE-Hemmer Simvastatin (DENAN u.a.; 70 €/Monat) und Pravastatin (MEVALOTIN u.a.; 75 €/Monat) für täglich 40 mg.

 Ezetimib (EZETROL) senkt das Serumcholesterin durch Hemmung der Cholesterinabsorption aus dem Darm mit einem Wirkmechanismus, der sich von bisherigen Lipidsenkern unterscheidet.

 Langzeitstudien zu klinischem Nutzen und Sicherheit fehlen.

 Bei den seltenen familiären Formen der Hypercholesterinämie und Sitosterinämie könnte sich für Ezetimib ein Reservestatus ergeben. Der therapeutische Stellenwert für diese Patientengruppe bleibt aber in weiteren Studien mit klinisch relevanten Endpunkten zu klären.

 Da bei den übrigen Patienten klinische Nutzenbelege für das Konzept einer möglichst starken LDL-Senkung zur Vorbeugung einer Atherosklerose fehlen, sehen wir hier keine Indikation für Ezetimib, weder alternativ zu den gut geprüften Statinen Simvastatin (DENAN, ZOCOR u.a.) und Pravastatin (MEVALOTIN, PRAVASIN) noch als Zusatz.

© 2002 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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