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irreversible gesichtsfeldausfälle unter potenzmittel sildenafil (viagra)
 
IRREVERSIBLE GESICHTSFELDAUSFÄLLE UNTER POTENZMITTEL SILDENAFIL (VIAGRA)

Anhaltende Verschlechterung des Sehvermögens unter der Einnahme von Sildenafil (VIAGRA) beschreiben wir in a-t 2000; 31: 40. Jetzt berichten US-amerikanische Augenärzte über fünf Sildenafil-Verwender im Alter von 42 bis 69 Jahren, die über einseitiges verschwommenes Sehen und andere Sehstörungen klagen (1). Die ophthalmologische Untersuchung einige Tage danach lässt am betroffenen Auge untere Gesichtfeldausfälle sowie Ödeme der Papille mit oder ohne Hämorrhagien im Sinne einer nicht-arteriellen anterioren ischämischen Opticus-Neuropathie (AION) erkennen. Bei drei Patienten ist der Visus normal, bei zwei Patienten vermindert (0,4 bzw. 0,25).

Vier Patienten bemerken die Sehstörungen Minuten bis Stunden nach der Einnahme, nur einer nach erstmaliger Verwendung. Der Fünfte hat Sildenafil mehr als ein Jahr lang wöchentlich verwendet, bevor ihm eine progrediente Verschlechterung des Sehens auffällt. Drei Patienten berichteten über akute Augenschmerzen, einer über Kopfschmerzen. Gesichtsfeldausfälle und Verlust der Sehleistung sind irreversibel. In einer anderen Studie sind ebenfalls Kopfschmerzen, Störungen des Farbensehens und beidseitige Gesichtsfeldausfälle bei einer jungen gesunden Probandin unter 200 mg Sildenafil beschrieben. Der direkte zeitliche Zusammenhang der Schädigung am Sehnerv mit der Einnahme von Sildenafil ist hierbei offensichtlich.

Als Ursache wird eine Ischämie des Sehnervs durch Sildenafil-bedingte Verstärkung der Wirkung von Stickoxid (NO) angenommen. NO wirkt gefäßerweiternd, schaltet die Autoregulation der Durchblutung aus und verstärkt so Ischämien in mangeldurchbluteten Gefäßarealen. Darauf beruht die Eigenschaft von Sildenafil, akutes Koronarsyndrom, Angina pectoris und Herzinfarkt auslösen zu können, insbesondere bei Patienten, die Nitrate verwenden. Sildenafil führt am Auge zu pulsatilem Blutfluss als Ausdruck der Vasodilatation, ohne dass der Augeninnendruck beeinflusst wird (2).

Die Autoren betonen einen möglichen Zusammenhang der Schädigung mit einer anlagebedingten engen Eintrittspforte des Sehnervs an der Sklera, da sie diesen Befund bei den fünf Patienten am nicht befallenen Auge erheben (1).

Erblindung durch AION wird auch unter Protonenpumpenhemmern beobachtet (a-t 1994; Nr. 11: 110) (3). Diese führen zu einer Engstellung der Gefäße im Sehnerv mit ischämischer Schädigung der Netzhaut.

Nach wie vor sind die unerwünschten Effekte von Sildenafil am Auge in der VIAGRA-Fachinformation hierzulande unzureichend beschrieben ("leicht und vorübergehend"), während in den USA auch auf das Risiko zum Teil schwerwiegender und irreversibler Augenschäden verwiesen wird. Die Autoren der aktuellen Veröffentlichung empfehlen, dass Männer so rasch wie möglich einen Augenarzt aufsuchen sollen, wenn das Sehvermögen nach Einnahme des Potenzmittels länger als eine Stunde beeinträchtigt ist (1). Augenärzte sollten auch bei Routineuntersuchungen gezielt nach der Einnahme von Sildenafil fragen. Patienten mit AION in der Vorgeschichte dürfen vorsichtshalber kein Sildenafil erhalten.

1

POMERANZ, H.D. et al.: Ophthalmol. 2002; 109: 584-7

2

SPONSEL, W.E. et al.: New. Engl. J. Med. 2000; 342: 1680

3

SCHÖNHÖFER, P.S. et al.: Br. Med. J. 1997; 314: 1805



© Redaktion arznei-telegramm
blitz-a-t 27. März 2002

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