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Nebenwirkungen

ANÄMIE DURCH EPOETIN (ERYPO U.A.)

Als schwerste Nebenwirkung von rekombinantem Erythropoietin (Epoetin) galt lange die exzessive Zunahme des Hämatokrit mit Blutdruckanstieg oder thrombotischen Komplikationen.1 Im November warnte Janssen-Cilag vor isolierten Erythroblastopenien unter Epoetin alfa (ERYPO, EPREX). Verminderung der Erythroblasten im Knochenmark und Hemmung der Erythropoese kennzeichnen diese Form der aplastischen Anämie. Bis September 2001 waren 40 Berichte bekannt.2

Jetzt werden Daten von 13 Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz veröffentlicht,3 bei denen sich innerhalb von 3 bis 67 Monaten unter Epoetin (elf Personen unter Epoetin [E.] alfa, eine unter E. beta, eine unter E. beta und zuvor E. alfa) eine transfusionsbedürftige isolierte Erythroblastopenie entwickelt hat. Alle haben neutralisierende Antikörper gegen den Proteinanteil von Epoetin, die mit sämtlichen verfügbaren erythropoetischen Produkten einschließlich Darbepoetin alfa (ARANESP) kreuzreagieren. Nach Absetzen nimmt der Antikörpertiter bei allen Patienten langsam ab. Unter Immunsuppression oder nach Nierentransplantation setzt die Blutbildungsfunktion bei sechs von acht Patienten in gewissem Umfang wieder ein. Dies lässt auf Inaktivierung auch des körpereigenen Erythropoietin durch die Antikörper schließen.

Die Autoren empfehlen, bei ungeklärter Anämie unter Epoetin umgehend nach neutralisierenden Anti-Erythropoietin-Antikörpern zu fahnden und gegebenenfalls Epoetin abzusetzen. Im Gegensatz dazu soll nach Herstellerangaben erst "eine Untersuchung des Knochenmarks erwogen" und nur bei positivem Erythroblastopeniebefund "eine Testung auf Erythropoietin-Antikörper in Betracht gezogen" werden.4 Wegen Kreuzreaktivität darf nicht auf ein anderes erythropoetisches Produkt umgestellt werden.

Warum die aplastischen Anämien unter Epoetin mehrheitlich erst in den letzten Jahren auftraten, lässt sich möglicherweise mit der Zunahme der Verordnungen erklären: In Deutschland versechsfachte sich der Gebrauch allein im ambulanten Bereich von 1993 bis 2000 auf 7 Mrd. I.E. jährlich.5

FAZIT: Nach anfänglichem Therapieerfolg kann sich unter Epoetin alfa (ERYPO, EPREX) oder beta (NEORECORMON) eine schwere Anämie entwickeln, die durch Anti-Erythropoietin-Antikörper verursacht wird. Wegen Kreuzreaktivität darf nicht auf ein anderes blutbildendes Mittel umgestellt werden, auch nicht auf das erst seit Juni 2001 erhältliche Darbepoetin alfa (ARANESP).

© 2002 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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