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Kurz und bündig

Herzinfarkt unter oralen Kontrazeptiva: Von 20.000 Frauen erleidet eine bereits vor ihrem 45. Lebensjahr einen Herzinfarkt, etwa jede dritte verstirbt daran. Orale Kontrazeptiva scheinen das Risiko zu erhöhen. Ob die Gefahr von "Pillen" der zweiten und dritten Generation unterschiedlich beeinflusst wird, untersucht jetzt erneut eine niederländische Fall-Kontroll-Studie mit 248 Patientinnen nach Herzinfarkt und 925 Frauen ohne kardiovaskuläre Erkrankungen im Alter von 18 bis 49 Jahren. Danach verdoppeln orale Kontrazeptiva das Herzinfarktrisiko. Es ist auch dann erhöht, wenn weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Rauchen fehlen. Die besondere Gefährdung für Raucherinnen wird bestätigt: Sie haben unter Einnahme eines Kontrazeptivums ein mehr als dreizehnfach erhöhtes Risiko. Werden die Pillengenerationen getrennt ausgewertet, ergibt sich für Levonorgestrel (in MINISISTON u.a.) eine Risikoerhöhung von 2,4, für Desogestrel (in LOVELLE, MARVELON u.a.) oder Gestoden (in FEMOVAN, MINULET) eine nicht signifikante Odds Ratio (OR) von 1,3 (95% Konfidenzintervall [CI] 0,8 bis 2,3; TANIS, B.C. et al.: N. Engl. J. Med. 2001; 345: 1787-93). Zu ähnlichem Ergebnis kommt eine ältere Studie, wonach Frauen, die Kontrazeptiva der zweiten Generation wie Levonorgestrel einnehmen, gegenüber Nichtanwenderinnen ein doppelt so hohes Infarktrisiko haben. Für Pillen der dritten Generation ergibt sich dagegen keine Zunahme. Im Vergleich der beiden schneiden Drittgenerations-Präparate besser ab (OR 0,28, 95% CI 0,09 bis 0,68; LEWIS, M.A. et al.: Contraception 1997; 56: 129-40). Nach einer englischen Fall-Kontroll-Studie mit 448 Frauen lässt sich dagegen ein signifikanter Zusammenhang eines Myokardinfarktes mit oralen Kontrazeptiva weder insgesamt (OR 1,40, 95% CI 0,78 bis 2,52) noch bei getrennter Auswertung nach Gestagenen belegen. Es deutet sich aber ein höheres Risiko für Pillen mit Gestoden und Desogestrel gegenüber Zweitgenerations-Pillen an (OR 1.8, 95% CI 0,7 bis 4,8; DUNN, N. et al.: BMJ 1999; 318: 1579-83). Eine präventive Wirkung von Kontrazeptiva mit Desogestrel oder Gestoden, wie sie in dem begleitenden Editorial der zuletzt veröffentlichten Studie suggeriert wird (CHASAN-TABER, L., STAMPFER, M.: N. Engl. J. Med. 2001; 345: 1841-2), lässt sich unseres Erachtens bei der insgesamt widersprüchlichen Datenlage nicht nachvollziehen und verharmlost möglicherweise ein lebensbedrohliches Risiko, -Red.

© 2002 arznei-telegramm

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