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Neu auf dem Markt

DICLOFENAC (VOLTAREN K MIGRÄNE) JETZT GEGEN MIGRÄNE?

Seit Januar wird der nichtsteroidale Entzündungshemmer Diclofenac als Kalium-Salz gegen Migräne angeboten (VOLTAREN K MIGRÄNE). Es soll rasch wirken (Werbung: "Befreit schnell")1. Im jüngsten Leitfaden des Berufsverbandes der Allgemeinärzte (BDA) wird die Neueinführung als "besonders bedeutsame Weiterentwicklung"2 eingestuft.*

EIGENSCHAFTEN: Diclofenac-Kalium soll besser wasserlöslich sein als das Natrium-Salz (VOLTAREN u.a.). Laut Fachinformation werden mit VOLTAREN K MIGRÄNE maximale Plasmaspiegel nach 35 Minuten erzielt. Liegen das Kalium- bzw. das Natriumsalz jedoch in Lösung vor, ergeben sich maximale Spiegel jeweils bereits nach 15 Min.3

WIRKSAMKEIT: In einer randomisierten Cross-over-Studie mit 156 Erwachsenen sollen 50 mg und 100 mg Diclofenac-Kalium akuten Migräne- Kopfschmerz zwei Stunden nach Einnahme besser lindern als Plazebo und etwa so gut wie 100 mg Sumatriptan (IMIGRAN).4 Unter Diclofenac soll eine deutliche Schmerzlinderung nach 60, unter Sumatriptan nach 90 Minuten eintreten. Die Begleitsymptome Schwindel, Übelkeit und Geräuschempfindlichkeit verschwinden unter Diclofenac anscheinend häufiger als unter Sumatriptan. Erhebliche Mängel schränken jedoch die Aussagekraft der Studie ein: So bleibt offen, wie viele Teilnehmer in die Auswertung zum primären Endpunkt eingehen. Zeitlicher Verlauf der Wirksamkeit und Begleitsymptome gehören zu den multiplen sekundären Endpunkten, bei denen die Anzahl der ausgewerteten Patienten ebenfalls offen bleibt bzw. nur diejenigen ausgewertet werden, die die Studie beenden (74%).

Randomisierte Studien, in denen Diclofenac-K mit Erstwahlmitteln wie Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN u.a.) oder Parazetamol (BENURON u.a.) verglichen wird oder mit schnell freisetzenden Diclofenac-Natrium-DISPERS-Tabletten, sind nicht veröffentlicht. Zwei Vergleiche von Diclofenac-Kalium mit Ergotamin plus Koffein (CAFERGOT u.a.) sind nicht oder nur als Abstract publiziert.5,6

STÖRWIRKUNGEN: Prinzipiell ist mit den gleichen Risiken wie unter dem Natrium-Salz zu rechnen, insbesondere mit Kopfschmerzen, Schwindel, Tinnitus, Transaminasenanstieg, Magen-Darmstörungen wie Übelkeit, Bauchschmerzen, ferner Magen-Darmgeschwür, Herzinsuffizienz, in Einzelfällen aseptischer Meningitis, Nierenschaden, Blutschädigung einschließlich Agranulozytose und aplastischer Anämie.3

KOSTEN: Diclofenac-Kalium ist als VOLTAREN K MIGRÄNE mit 3,32 € pro Dosis zu 50 mg bis zu 25fach teurer als schnell freisetzendes Diclofenac-Natrium in Form von DISPERS-Tabletten (DICLO DISPERS u.a., 0,13 €) und 9fach teurer als das in Österreich angebotene, ebenfalls das Kaliumsalz enthaltende und gegen Migräneattacken zugelassene VOLTAREN RAPID (0,37 €/Dosis). Lediglich Triptane sind teurer als die "Neuerung": Sumatriptan (IMIGRAN, 8,71 €/50 mg) kostet das Zweieinhalbfache.

FAZIT: Diclofenac-Kalium (VOLTAREN K MIGRÄNE) kann Migräneschmerzen lindern und ist Plazebo überlegen. Dies entspricht den Erwartungen. Vergleichsstudien mit Erstwahlmitteln wie Azetylsalizylsäure (ASPIRIN u.a.), aber auch mit schnell freisetzendem Diclofenac-Natrium (VOLTAREN DISPERS u.a.) fehlen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass mit der einzigen veröffentlichten, aber unzureichend dokumentierten Vergleichsstudie mit Sumatriptan am Hochpreis- Niveau des Triptans angeknüpft werden soll.

Vorsicht Wucher: Der im Vergleich zu DICLO DISPERS 25fach höhere Preis der Pseudoinnovation VOLTAREN MIGRÄNE lässt sich nicht rechtfertigen.




© 2002 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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