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Kurz und bündig

"Immunonutrition" ohne Nutzen? Dass bei kritisch kranken Intensivpatienten eine enterale Ernährung der parenteralen vorzuziehen ist, gilt als etabliert. Sie entspricht den physiologischen Bedürfnissen wesentlich besser. Unklar ist jedoch trotz zahlreicher Studien, ob bestimmte Nahrungsmittelbestandteile (Arginin, Glutamin, Omega-3-Fettsäuren, Nukleotide) auf Grund experimentell nachgewiesener Effekte auf das Immunsystem zusätzlichen Nutzen bringen ("Immunonutrition"). In einer systematischen Auswertung von 22 Studien wird jetzt der Einfluss einer derartig angereicherten Ernährung auf Mortalität, Infektionsrate und Krankenhausverweildauer untersucht. Verglichen werden entsprechende Formula und Standardernährung bei schwer kranken oder operierten Patienten. Bei gemeinsamer Auswertung erweisen sich die eingeschlossenen Studien als sehr heterogen. Eine allgemeine Aussage lässt sich daher aus der Metaanalyse nicht ziehen. Die zahlreichen (vorher festgelegten) Subgruppenanalysen können allenfalls zur Hypothesenbildung beitragen. Bei gesonderter Auswertung der Ergebnisse für kritisch Kranke aus Studien mit guter methodischer Qualität fällt ein Trend zu erhöhter Mortalität auf. Dieser ist für Formula, die kein Arginin enthalten, statistisch fassbar. Infektionsrate oder Krankenhausverweildauer nehmen aber nicht zu. Dieser Widerspruch könnte damit erklärt werden, dass die Patienten früh und noch vor Entwicklung einer Infektion sterben. Bei elektiv operierten Patienten nehmen demgegenüber infektiöse Komplikationen und Krankenhausverweildauer ab, ohne dass die Mortalität negativ beeinflusst wird (HEYLAND, D.K. et al.: JAMA 2001; 286: 944-53). Die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren. Es werden 30 Subgruppenanalysen durchgeführt. Statistisch signifikante Ergebnisse können daher auch zufällig sein (Problem des multiplen Testens). Der Sinn einer "immunologisch" angereicherten Diät bei Intensivpatienten bleibt bei der bisherigen Studienlage fraglich. Vorsicht ist jedoch bei schwerkranken Patienten ratsam, bei denen sich Negativeffekte andeuten. Diese dürfen als "Immunonutrition" bezeichnete Formula allenfalls im Rahmen klinischer Prüfungen erhalten, -Red.

© 2001 arznei-telegramm

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