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TIBOLON (LIVIELLA) UND BRUSTKREBS

Gibt es umfassende Erkenntnisse über die Einsatzmöglichkeiten von LIVIELLA (Tibolon) für das Postmenopausensyndrom mit erheblicher Betroffenheit nach operativer Therapie eines Mammakarzinoms (ohne Rezidiv)?

Dr. med. M. SCHMIDT-OHLEMANN (Rehabilitationsmedizinischer Dienst)
D-55543 Bad Kreuznach

Organon versucht, mit Aussagen wie "nicht jede HRT (Hormonersatztherapie, -Red.) wirkt sich negativ auf das Brustgewebe aus"1 für Tibolon (LIVIELLA, a-t 1999; Nr. 3: 29-30) eine Sonderstellung vorzuspiegeln. Epidemiologische Studien zum Einfluss des Steroids auf das Brustkrebsrisiko gibt es jedoch nicht.2

Tibolon und seine Metaboliten besitzen in ihrer Ausprägung schwer kalkulierbare östrogene, gestagene und androgene Effekte. Im Tierversuch ruft das Steroid wie andere Sexualhormone, insbesondere Östrogene, vermehrt Mammatumoren hervor.3 Zur Anwendung bei Frauen mit Brustkrebs in der Vorgeschichte liegen bislang nur Anwendungsbeobachtungen mit vier beziehungsweise elf Frauen vollständig veröffentlicht vor.4,5 Dabei entwickelt eine von elf Frauen unter der Einnahme ein Mammakarzinom der anderen Brust.5

Der Hersteller verweist auch auf eine unkontrollierte Untersuchung,6 in der eine von 14 Frauen mit fortgeschrittenem Brustkrebs nach erfolgloser Behandlung mit Tamoxifen (NOLVADEX u.a.) zunächst auf Tibolon anspricht.2 Dabei verschweigt er, dass bei einer anderen Frau Hautmetastasen zunehmen und Hüftschmerzen neu auftreten. Beide Symptome bessern sich nach Absetzen von Tibolon. Alle Frauen beenden die Einnahme, weil die Erkrankung fortschreitet, teilweise zusätzlich auch wegen schwerer Blutungen, Depressionen, Verschlechterung eines Diabetes und anderer Störwirkungen. Sechs von neun Patientinnen sprechen anschließend auf eine Chemo- oder Hormontherapie an. Die Autoren schließen eine weitere Erprobung des Steroids bei Brustkrebs wegen seines Toxizitätsprofils aus.6 Bei dieser Datenlage raten wir von der Anwendung von Tibolon bei Brustkrebs in der Vorgeschichte ab, -Red.

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