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Korrespondenz

ALKOHOLKRANKHEIT: PARADIGMEN-
WECHSEL DANK ACAMPROSAT (CAMPRAL)?

Als Allgemein- und Arbeitsmediziner mit Schwerpunkt "Alkoholabhängigkeit" bin ich sehr an Informationen über die Substanz Acamprosat interessiert ... So habe ich auf der Medica die Verleihung des Galenus-Preises an CAMPRAL persönlich erlebt. Hierbei und in der Ärzte Zeitung wurde immer wieder auf den Paradigmenwechsel in der Alkoholikertherapie durch diese Substanz hingewiesen. Was ist dran?

Dr. med. W. DRESCH
D-50676 Köln

Seit unserer letzten Beurteilung zu Acamprosat (CAMPRAL; a-t 1997; Nr. 3: 29) hat sich die Datenlage nicht verbessert. In den insgesamt sechs verwertbaren Doppelblindstudien über sechs bis zwölf Monate verdoppelt das Mittel in etwa die Abstinenzraten gegenüber Plazebo - so lange es eingenommen wird. Allerdings fallen hohe Abbruchraten zwischen 50% und 80% auf, überwiegend wegen Rückfälligkeit. Letztlich hilft Acamprosat nur jedem zwölften bis maximal sechsten Patienten, über ein Jahr lang durchgehend abstinent zu bleiben (Number Needed to Treat [NNT, a-t 1998; Nr. 5: 47-50] = 6-12/Behandlungsjahr). Die Ergebnisse sind nicht für alle Studien signifikant. Auch für andere Parameter wie mittlere Zeit der Abstinenz, Tage ohne Alkohol oder Gesamtkonsum von Alkohol ist die Datenlage widersprüchlich. Der Nutzen bleibt allenfalls gering.1,2

Sechs bis spätestens zwölf Monate nach Beendigung der Einnahme finden sich keine höheren Abstinenzraten als unter Plazebo. Schon während der Behandlung schwindet der Effekt. Ob unter Dauertherapie langfristige Abstinenz zu erzielen ist, bleibt beim derzeitigen Wissensstand unwahrscheinlich.3,4 Eine psychosoziale Begleittherapie ist in jedem Fall zwingend vorgeschrieben.

Die Verleihung des "Galenus-Preises" für Acamprosat sowie eine umfangreiche "Dokumentation" (Beilage zur Ärzte Zeitung) können bestenfalls zum Schmunzeln anregen. Wird der Preis doch von einer Einrichtung verliehen, deren mangelnde kritische Distanz zu Herstellerinteressen bekannt ist. Ärgerlich ist jedoch, wenn falsche Erwartungen geweckt werden. Ein von den Werbeträgern des Produkts postulierter "Paradigmenwechsel" lässt sich nicht begründen, -Red.

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