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Korrespondenz

NOCHMALS: DIABETES MELLITUS
UND HAEMOPHILUS-INFLUENZAE-B-IMPFUNG

Ihr Artikel in a-t 11 (1999), 120 über die Hib-Impfung hat mich schockiert. Dies hieße im Klartext, dass wir - die Impfärzte - sofort mit der Hib-Impfung aufhören müssten, wenn die Aussage, auf 1.700 Hib-geimpfte Kinder handeln wir uns eine Diabetes-mellitus-Erkrankung ein, stimmt. Wie sicher sind die Daten? Müssen wir sie auch auf Deutschland anwenden? ...

A. RÖMHILD (Kinderarzt)
D-22765 Hamburg

... Die von Ihnen erhobene Forderung, Eltern zu impfender Kinder über das mögliche Risiko zu informieren, führt zu massiver Verunsicherung und Impfablehnung. Gerade in dem wichtigen Bereich der Schutzimpfungen und bei mangelhaften Durchimpfungsraten in der BRD sollte ein solcher Hinweis nur bei eindeutiger Datenlage erfolgen. Diese scheint im vorliegenden Fall nicht vorhanden.

Dr. V. TEMPEL (Facharzt für Pädiatrie)
D-71672 Marbach

Der Verdacht, dass durch die Impfung gegen Haemophilus influenzae b (HIB-VACCINOL u.a.) Diabetes mellitus ausgelöst wird, lässt sich derzeit nicht weiter erhärten, aber auch nicht entkräften. Ein statistisches Gutachten hat unsere Kritik an den methodischen Mängeln der umstrittenen finnischen Kohorten-Studie bestätigt.1 Entgegen der Schlussfolgerung der Autoren dieser Studie, dass sich kein Zusammenhang zwischen Impfung und Neuauftreten eines Diabetes belegen lassen soll,2 halten wir daher unsere Zweifel aufrecht. Mitglieder der Ständigen Impfkommission (STIKO) nehmen als Ursache für das gehäufte Auftreten von Diabetes mellitus bei geimpften Kindern im Vergleich zu ungeimpften einen Kohorten-Effekt an, der auf der in Europa zunehmenden Inzidenz der Zuckerkrankheit beruhe.3 Dies wird von Kritikern jedoch bestritten.4 Selbst wenn ein Kohorten-Effekt existierte, wäre er marginal, da der Abstand zwischen den beiden Kohorten lediglich zwei Jahre beträgt.

Die umstrittene Nebenwirkungsstudie verwendet die Daten einer Untersuchung zur Wirksamkeit der Hib-Impfung,5 an der zwei Jahrgänge finnischer Kinder teilgenommen haben. Aus dieser Interventionsstudie errechnen wir eine Number Needed to Treat (NNT; vgl. a-t 5 [1998], 47) von 931, um eine Haemophilus-influenzae-Bakteriämie bei Kindern bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr zu verhindern. Da der Impfschutz in den folgenden Lebensjahren anhält, ist der Nutzen der Impfung bezogen auf längere Zeiträume größer. NNT für einzelne Erkrankungen wie Meningitis, Pneumonie oder Epiglottitis lassen sich nicht errechnen, da diese nicht getrennt für geimpfte und ungeimpfte Kinder aufgeschlüsselt sind.

Der NNT von 931 steht die aus der Nebenwirkungsstudie errechnete mögliche Number Needed to Harm hinsichtlich einer neu aufgetretenen Diabeteserkrankung von 1.724 gegenüber.1 Auf mindestens zwei verhinderte schwere Haemophilus-Erkrankungen käme somit ein zusätzlicher Diabetes mellitus bei Kindern.

Von dem in der Studie verwendeten an Diphtherie-Toxoid gebundenen Kapselpolysaccharid-Impfstoff (PRP-D; HIB-MERIEUX u.a.) wurden 1998 in Deutschland über öffentliche Apotheken über 100.000 Ampullen als Einzelimpfstoff und 180.000 Ampullen als Kombi-Impfstoff abgegeben.

Ausführliche Impfaufklärung mag Patienten abschrecken. Verharmlosen oder Verschweigen möglicher Impfrisiken dürfte jedoch auf lange Sicht das Vertrauen der Bevölkerung in Impfungen stärker erschüttern. Solange die berechtigten Zweifel an der entwarnenden Schlussfolgerung der Autoren nicht ausgeräumt sind, ist unseres Erachtens über das potentielle Risiko aufzuklären, - Red.


© 1999 arznei-telegramm

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