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Warnhinweis

PFLANZLICHE ARZNEIMITTEL:
HINWEISE AUF KREBSRISIKO FEHLEN IM BEIPACKZETTEL

Pflanzliche Abführmittel mit Sennesfrüchten, Sennesblättern, Aloe, Faulbaumrinde, amerikanischer Faulbaumrinde, Rhabarberwurzel und Kreuzdornbeeren enthalten potentiell genotoxische und damit tumorigene Inhaltsstoffe. Als karzinogen gelten Emodin und andere Anthranoidderivate. Während chemisch definierte Laxantien aus dieser Gruppe (z.B. Dantron [ISTIZIN u.a.]) schon 1987 wegen Kanzerogenität aus dem Handel gezogen wurden, blieben pflanzliche Präparate unbehelligt (a-t 4 [1993], 38).

Jetzt beschränkt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Anwendung von Anthranoid-Laxantien auf "nicht länger als zwei Wochen bzw. einmalig". Der Bescheid weist auf eine epidemiologische Studie hin, die Dickdarmtumoren nach langdauernder Einnahme von Anthranoid- Laxantien erkennen läßt, sowie auf klinische Befunde einer vermehrten "Entstehung von Dickdarmpolypen bei Laxantienexposition". Bei der "bekannten Entartungstendenz von Dickdarmpolypen" sei an ein erhöhtes Krebsrisiko zu denken.1 Die Packungsbeilagen müssen jedoch auch künftig keinen Warnhinweis enthalten, der die Verbraucher über mögliche krebserzeugende Eigenschaften informiert. Diese behördliche Verschleierung ist nicht neu. Auch pflanzliche Mittel mit den krebsauslösenden Pyrrolizidinalkaloiden (a-t 3 [1987], 26) tragen keinen Warnhinweis.2 Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes ist die Verwendung potentiell kanzerogener Arzneistoffe auf vital bedrohliche Erkrankungen einzuschränken. Abführmittel haben keine solche Indikation, gehören aber zu den häufig mißbräuchlich eingenommenen Medikamenten. Gegebenenfalls läßt sich eine risikomindernde Kurzzeitanwendung nur durch Unterstellung unter die Verschreibungspflicht sichern. Ansonsten bleibt nur die Marktrücknahme, zumal weniger bedenkliche Stoffe wie Bisacodyl (DULCOLAX u.a.) zur Verfügung stehen.

FAZIT: In pflanzlichen Abführmitteln enthaltene Anthranoide gelten als potentielle Kanzerogene. Untersuchungen beim Menschen liefern Hinweise auf vermehrtes Auftreten von Dickdarmtumoren in Verbindung mit langdauernder Einnahme. Ein entsprechender Warnhinweis in den Produktinformationen, der die Beschränkung auf kurzzeitige Anwendung für den Verbraucher verständlich macht und die Anwendung bei Kindern verhindert, ist seit Jahren überfällig.

1  BfArM-Bescheid vom 21. Juni 1996: Pharm. Ztg. 141 (1996), 2716
2  BGA-Bescheid vom 5. Juni 1992: Pharm. Ztg. 137 (1992), 2088


© 1996 arznei-telegramm

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