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Korrespondenz

NIEDERMOLEKULARE HEPARINE
UND BETTRUHE BEI TIEFEN VENENTHROMBOSEN

Mit großem Interesse habe ich den Artikel in a-t 4 (1996), 35 über die ambulante Behandlung der tiefen Venenthrombose mit niedermolekularem Heparin aufgenommen... Sind niedermolekulare Heparine in Deutschland für die Behandlung tiefer Beinvenenthrombosen zugelassen und falls nicht, können rechtliche Konsequenzen entstehen, falls man diese Therapie, gestützt auf die angegebenen Literaturstellen, dennoch durchführt?

Bisher wurde die Einhaltung einer mehrtägigen Bettruhe in Abhängigkeit von der Dauer der Symptomatik und der Morphologie (z.B. bei flottierender Thrombusspitze) empfohlen. Wenn der durchschnittliche Krankenhausaufenthalt tatsächlich 2,7 bzw. 1,1 Tage betrug, wurden diese bisherigen Richtlinien offensichtlich nicht bei den mit niedermolekularem Heparin behandelten Patienten angewendet. Ist also eine Bettruhe bei frischer Zwei- bis Dreitage-Thrombose tatsächlich nicht erforderlich?

B. SCHWALBE (Oberarzt, Klinikum Passau)
D-94032 Passau

Niedermolekulare Heparine haben in Deutschland keine Zulassung für die Behandlung tiefer Beinvenenthrombosen. Sie dürfen hierfür nur im Sinne eines sogenannten Therapieversuchs (besondere Aufklärungspflicht!) verwendet werden. Rechtlich bedeutet dies, daß im Schadensfall nicht der Hersteller, sondern der behandelnde Arzt haftet. Trotz positiver Studienergebnisse können niedermolekulare Heparine daher nicht routinemäßig zur Behandlung tiefer Venenthrombosen empfohlen werden.

Patienten mit tiefer Becken- oder Oberschenkelvenenthrombose sollen nach hiesiger Auffassung mehrere Tage Bettruhe einhalten.1 Durch kontrollierte klinische Studien ist ein Vorteil dieses Vorgehens jedoch unzureichend belegt. In anderen Ländern wird häufig auf Bettruhe verzichtet, wenn keine besonderen Risikofaktoren wie frühere Lungenembolien oder frei flottierende Thromben vorliegen. Die Patienten werden mit stärkeren Kompressionsstrümpfen versorgt, erhalten vor der oralen Antikoagulation subkutan Heparin und werden zum Gehen angehalten. Unter diesen Bedingungen scheinen Lungenembolien nicht häufiger aufzutreten als bei mehrtägiger Bettruhe.2

Die von uns zitierten Studien lassen nicht erkennen, ob die Patienten bis zur oralen Antikoagulation Bettruhe eingehalten haben.3,4 Eine Entscheidung für Bettruhe oder Mobilisierung nach Anpassung von Kompressionsstrümpfen sollte unabhängig von der Art des verwendeten Heparins getroffen werden. Für niedermolekulare Heparine sprächen die einfachere Handhabung unter häuslichen Bedingungen und Einsparungen bei Laborkontrollen, –Red.

1

BECKER, H. M.: Dtsch. med. Wschr. 120 (1995), 979

2

PARTSCH, H. et al.: J. Vasc. Surg. 16 (1992), 715

3

LEVINE, M. et al.: N. Engl. J. Med. 334 (1996), 677

4

KOOPMAN, M. M. W. et al.: N. Engl. J. Med. 344 (1996), 682


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