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VENOSTASIN contra Kompressionsstrümpfe: "The Lancet zeigt den Weg: ...,VENOSTASIN offers an alternative to compression. The two therapies were shown to be equivalent' " wirbt die Klinge GmbH für ihr Venentherapeutikum VENOSTASIN (Ärzte Ztg. vom 10. April 1996). Das "Zitat" findet sich in dieser Form an keiner Stelle der Originalarbeit. Im randomisierten Parallelgruppenvergleich erhalten insgesamt 240 Patienten mit chronisch-venöser Insuffizienz 12 Wochen lang Roßkastaniensamenextrakt (RKSE, entsprechend 2 x 50 mg Aescin), Kompressionsstrümpfe oder Plazebo. Die Kompressionsbehandlung schließt eine initiale einwöchige diuretische Therapie ein. Wasserplethysmographisch nimmt das Unterschenkelvolumen unter Plazebo um 10 ml zu, unter RKSE dagegen um 44 ml und in der Kompressionsgruppe um 47 ml ab (DIEHM, C. et al.: Lancet 347 [1996], 292). Die klinische Relevanz der gemessenen Daten, die +0,45% bzw. -2,0% und -2,1% eines mittleren Unterschenkelvolumens von 2,2 l ausmachen, erscheint fraglich. Die Autoren selbst schätzen Volumenänderungen von unter 50 ml als "irrelevant" ein. Schon im Tagesverlauf schwankt das Unterschenkelvolumen um 60 bis 80 ml (RUDOFSKY; G. et al.: Phlebol. Proctol. 15 [1986], 47). Auch die bisher unter Aescin berichteten Abnahmen des Unterschenkelvolumens gelten als klinisch unbedeutend (SCHÖNHÖFER, P. S. et al.: int. prax. 31 [1991], 773). Die Patientendaten erlauben keinen Rückschluß auf das Stadium der chronisch-venösen Insuffizienz. Ob zu Studienbeginn tatsächlich "substantielle Unterschenkelödeme" vorlagen, ist fraglich: Unter der initialen einwöchigen diuretischen Therapie nimmt das Unterschenkelvolumen lediglich um 47 ml ab. Die anschließende Kompressionsbehandlung bringt keinen weiteren Nutzen. Die RKSE-Therapie scheint mit einer nicht effizient durchgeführten Kompressionsbehandlung verglichen worden zu sein: Bei chronisch-venöser Insuffizienz werden nicht die in der Studie verwendeten Kompressionsstrümpfe der Klasse 2, sondern die der Klasse 3 oder sogar 4 empfohlen (LEU, H. J.: VASA 19 [1990], 195). Klinisch relevante Fragen zum Einfluß auf die Progredienz der Erkrankung (Entwicklung chronischer Ödeme, Indurationen, Pigmentverschiebungen, Hyperkeratosen, Stauungsekzeme, Ulzera u.ä.) werden nicht beantwortet. Kompressionsstrümpfe sind vor allem bei sommerlichen Temperaturen wenig beliebt. Korrekt verwendet gelten sie jedoch nach wie vor als A und O in der Behandlung chronischer Venenleiden.


© 1996 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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