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Nebenwirkungen

EXTRAPYRAMIDALE STÖRUNGEN NACH ANTIEMETIKUM ONDANSETRON (ZOFRAN)

Der 5-H-T3-Antagonist Ondansetron (ZOFRAN) hat sich als Fortschritt für die Behandlung des akuten Erbrechens nach Chemotherapie mit stark brechreizerregenden Mitteln wie Cisplatin (PLATINEX u.a.) erwiesen. Ein Vorteil bei verzögertem Erbrechen oder bei mittelstark emetogenen Substanzen wie Carboplatin (CARBOPLAT) erscheint hingegen im Vergleich zu Metoclopramid (PASPERTIN u.a.) zweifelhaft (vgl. a-t 3 [1991], 26). Die Behandlung mit Ondansetron ist extrem teuer und bedarf deshalb der gewissenhaften Indikationsstellung.

Nun liegen erste Berichte über die Auslösung eines extrapyramidal-motorischen (EPM) Syndroms vor. Bei einem 58jährigen Patienten mit Lungenkarzinom kam es für kurze Zeit nach der Infusion von 10 mg Ondansetron in 15 Minuten zu Opisthotonus, Rigor und Atemnot. Der Zwischenfall wiederholte sich vier Wochen später bei dem 2. Chemotherapiezyklus.1 Bei einem 73jährigen mit multiplen Lebermetastasen infolge eines Pankreas-Tumors (Karzinoid) bewirkten täglich 8 mg Ondansetron per os nach einer Woche schwere Dystonie, Tremor, Mundtrockenheit, Geh- und Sehstörungen. Zwei Monate nach Absetzen des Medikamentes waren noch EPM-Residuen vorhanden.2 Auf Anfrage erklärte dann auch der Hersteller, daß ihm weitere Ereignisse mit EPM-Störungen bekannt seien, einmal mit Dystonien des Kopfes und einmal mit Akathisie. Damit scheinen die für Metoclopramid bekannten Risiken von EPM-Störungen auch für Ondansetron zu gelten – wenn auch seltener.

1   HALPERIN, J. R., B. MURPHY: Cancer 69 (1992), 1275
2   JACOBSEN, M. B.: Lancet 340 (1992), 185


Der Vorgang zeigt erneut, daß Hersteller ebenso wie die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft oder das Bundesgesundheitsamt Meldungen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen als Herrschaftswissen behandeln und Kenntnisse über Verdachtsfälle von Arzneimittelrisiken Ärzten vorenthalten, obwohl diese zu allererst solche Informationen für ihre Therapieentscheidungen benötigen. Deshalb haben wir das NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION etabliert, das die berichtenden Ärzte routinemäßig über alle für das Arzneimittel in der Datei erfaßten Risikofälle informiert. Damit unser System diese Funktion noch besser erfüllen kann, bitten wir um Ihre Mitarbeit, wenn Sie Ungewöhnliches oder Unbekanntes nach einem neuen Arzneimittel beobachten (–Red.).


© 1992 arznei-telegramm

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