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Im Blickpunkt

SCHMERZHAFTE DIABETISCHE NEUROPATHIE:
BEHANDLUNGSVERSUCH MIT CAPSAICIN-CREME

Capsaicin, wesentlicher Scharfstoff des Spanischen Pfeffers und des Cayennepfeffers, wird wie Senfölderivate traditionell in Rheumaexterna zur Erzeugung eines oberflächlichen Wärmegefühls verwendet, z.B. in ANKER-PAIN-EXPELLER, ABC-Pflaster, RHEUMAPLAST N u.a. Es ist bekannt, daß die Lokalanwendung von Capsaicin-Zubereitungen symptomatisch postherpetische neuralgische Beschwerden lindert, ferner Trigeminusneuralgien sowie Gelenkschmerzen von Patienten mit Osteoarthritis und rheumatischer Arthritis. Ein Behandlungsversuch mit lokal aufgebrachter Capsaicin-Creme 0,075% (ZOSTRIX-HP [USA], in Deutschland nicht erhältlich) scheint sich auch bei Patienten mit schmerzhaften diabetischen Neuropathien zu lohnen.

In einer doppelblinden Multizenterstudie an über 250 Diabetikern mit schmerzhaften peripheren Neuropathien und Retikulopathien profitierten mehr Patienten in der Capsaicin-Creme-Behandlungsgruppe als im Kontrollkollektiv, das eine Cremegrundlage ohne Capsaicin erhielt. Über eine Abnahme der Schmerzintensität berichteten 38% versus 27% und über eine Linderung der Beschwerden 58% versus 45%. 78% in der Verumgruppe bemerkten Störeffekte wie brennendes Gefühl an der Applikationsstelle oder Husten und Niesen im Vergleich zu 29% unter Plazebo.1

Diese Daten stimmen etwa mit den Ergebnissen einer kleineren aktuellen Studie überein, während eine erste kleine Studie aus dem Jahre 1990 keine signifikanten Unterschiede zwischen Capsaicin- und Plazebo-Zubereitung ergab.2

Die diffusen brennenden Schmerzen im Bereich des Bindegewebes, der Muskulatur und im Knochen bei diabetischer Neuropathie können von der topischen Zubereitung nicht erreicht werden. Daß als Folge der Capsaicin-Creme örtliches Hautbrennen unter Verum 3 bis 4 x häufiger als unter Plazebo vorkommt, muß als "Nebenwirkung" in Kauf genommen werden. In der Verumgruppe beendeten 28% der Probanden vorzeitig den Versuch, in der Plazebogruppe waren es 14%.1 Die Wahrnehmung brennender Schmerzen könnte überdies die Doppelblind-Anordnung beeinträchtigt haben, da die Patienten auf diese Weise Verum von Plazebo unterscheiden lernen.3"

FAZIT: Wenn 71% der Patienten mit einer diabetischen Neuropathie nach 8 Wochen unter Capsaicin-Creme (ZOSTRIX-HP [USA]) eine Schmerzerleichterung verspüren gegenüber 51% der Kontrollpatienten, die allein mit einer Vehikelzubereitung örtlich behandelt wurden, spricht dies für einen gewissen Nutzen der Testcreme, auch wenn die komplette Schmerzbefreiung ausblieb und der Grad der Schmerzerleichterung mit parallel eingenommenem Analgetikum gekoppelt gewesen sein könnte.

Wie sich die Lokaltherapie mit Capsaicin in Kombination mit anderen bei neuropathischen Schmerzen wirksamen Stoffen wie Carbamazepin (TEGRETAL u.a.), Phenytoin (EPANUTIN u.a.) oder Amitriptylin (SAROTEN u.a.) auswirkt, wäre von Interesse.

1

DONOFRIO, P. D.: Arch. Intern. Med. 151 (1991), 2225

2

Med. Letter 34 (1992), 62

3

WINER, S. L. et al.: Ann. Intern. Med. 116 (1992), Supplement 2, 50


© 1992 arznei-telegramm

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