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Kurz und bündig

Kreuzschmerzen – eine Crux medicorum: Schmerzen, deren Ausgang vom Sakroiliakalgelenk vermutet wird, waren seit jeher Gegenstand ärztlichen Bemühens. Die um die Jahrhundertwende populäre Diagnose einer Coccydynie führte zu einer Welle von Coccygektomien in den USA – eine operative Maßnahme, die heute fast gänzlich verlassen ist. In den 80iger Jahren erfreuten sich Chymopapain-Injektionen bei Lendendiskushernien zunehmend großer Beliebtheit – auch ein Verfahren, das allmählich wieder verlassen wird. Zweifel werden an der Zweckmäßigkeit manch anderer üblicher Behandlungsmaßnahmen geäußert, wie längere Bettruhe, Traktionsbehandlung oder transkutane elektrische Nervenstimulation. Nicht wirksamer als Plazebo erweisen sich jetzt auch Kortikosteroid-Injektionen in die "facet joints" zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbel und dem Übergang zwischen dem 5. Lendenwirbel und dem Kreuzbein. Sie sind mutmaßlich nicht besser wirksam als Kochsalzinjektionen. Rückenschmerzen sind nicht selten Ausdruck mangelhaft geregelter psychosozialer Umstände oder einer Verstimmung. Die Aussicht auf Krankengeld kann den Beschwerdekomplex ebenso verstärken wie Unzufriedenheit am Arbeitsplatz. Welche Alternativen bleiben in dieser Situation? An erster Stelle steht das Unterlassen passiver Behandlungen wie längere Bettruhe und Traktion zugunsten der Frühmobilisation und Übungstherapie für den Halte- und Stützapparat. Beschwerdelindernd wirken nichtsteroidale Entzündungshemmer sowie Medikamente, denen eine muskelrelaxierende Wirkung zugeschrieben wird (Proto-typ: Diazepam [VALIUM u.a.], kurzfristig, –Red.). Mitunter ist bei chronischen Rückenschmerzen die Verordnung von Antidepressiva angezeigt. Auch ein Wechsel im Lebensstil kann hilfreich sein. Es gibt Hinweise, daß sich Verzicht auf Rauchen, Gewichtsreduktion und Fitnesstraining in dieser Hinsicht als "wirksam" erweisen. Operative Maßnahmen sind nicht die ultima ratio, wenn alle anderen Behandlungen fehlgeschlagen sind, sondern stellen in ausgewählten Fällen dann eine effektive Behandlungsmöglichkeit dar, wenn der Rückenschmerz mit einer Radikulopathie in Beziehung steht, um spezifische Läsionen anzugehen, die zuvor durch physikalische Untersuchung und bildgebende Verfahren diagnostisch gesichert sind (DEYO, R. A.: N. Engl. J. Med. 325 [1991], 1039).


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