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                            a-t 1991; Nr.11: 100nächster Artikel
Im Blickpunkt

SCHLAFMITTEL TRIAZOLAM (HALCION) –
BEWERTUNG IN UPJOHN-INTERNA

Die Risiken des Kurzzeitbenzodiazepins Triazolam (HALCION) werden derzeit bagatellisiert. So entwarnt die Arzneimittelkommission der Bundesärztekammer in Köln in einer Bekanntmachung: Im Vergleich mit anderen Benzodiazepinen ließen sich Besonderheiten für Triazolam nicht nachweisen.1

Die Ärzte Zeitung hält die "Verhältnisse von Nutzen und Risiko" bei HALCION bisher für unverändert und spricht von einem "Sturm im Wasserglas für das meistverordnete Schlafmittel".2

In einem Positionspapier der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel werden Änderungen im Beipackzettel des Kurzzeitbenzodiazepins empfohlen. Das Mittel solle nur noch für schwere, sonst unerträgliche Schlafstörungen für maximal 2-3 Wochen möglichst in der geringsten wirksamen Dosis von 0,125 mg/Nacht verordnet werden, wobei Einzeldosen von 0,25 mg nicht zu überschreiten sind und Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen für Triazolam ausscheiden.3 Die Brüsseler Empfehlungen sind in sich widersprüchlich: Patienten mit quälend gestörtem Schlaf unterscheiden sich nach Auffassung eines von uns befragten, international angesehenen Schlafforschers nur virtuell von psychisch Gestörten, die Triazolam nicht erhalten dürfen.4

Die firmeninternen Daten sprechen eine andere Sprache. Unter den gegenwärtig empfohlenen Triazolam-Dosierungen von 0,125 mg bzw. 0,25 mg kommen paradoxe Erregungszustände und mnestische Defizite vor. In der größten europäischen Vergleichsstudie, dem Protokoll 9118, mit 1.300 Patienten in England traten psychiatrische Störsymptome unter einwöchiger Einnahme von 0,25 mg Triazolam/Nacht doppelt so häufig wie unter Nitrazepam (MOGADAN u.a.) auf.5 Die Gefährdungen durch die gegenüber 0,5 mg und 1,0 mg auf die Hälfte bzw. ein Viertel verringerten Dosierungen erfordert für die Nutzenabschätzung die Überlegung, ob die geringen Dosierungen überhaupt hinreichend wirksam sind. Hierzu äußerte sich die Upjohn Company/Kalamazoo/Michigan (USA) gegenüber der amerikanischen Food and Drug Administration schon 1985 schriftlich:

"Unseres Wissens belegen alle HALCION-Studien an Patienten mit vorübergehender Schlaflosigkeit eine Wirksamkeit nur mit der 0,5 mg Dosis." ... "Wir sind nicht der Ansicht, daß eine Dosis von 0,125 mg bei allen Patienten wirksam ist – sowohl bei Therapiebeginn als auch bei fortgesetzter Behandlung."6

Wer situationsbedingt nicht schlafen könne und mit 0,125 mg Triazolam nicht zurecht komme – so Upjohn –,

"gerät in Versuchung um Mitternacht eine zweite Tablette einzunehmen und riskiert damit eine prolongierte Sedation."6

In der Spontanberichterfassung der US-amerikanischen FDA tauchen die Schlüsselphänomene Verwirrtheit, Amnesie, bizarres Verhalten, Agitation und Halluzinationen von Triazolam-assoziierten psychiatrischen Episoden 22 bis 99 mal häufiger auf als für das fast gleichzeitig auf dem US-Markt eingeführte Kurzzeitbenzodiazepin Temazepam (PLANUM u.a.).7

Bei Upjohn in den USA gingen im Zeitraum 1982 bis 1989 so viele Meldungen über agressives Verhalten und Steigerung krimineller Aktivität unter HALCION-Einfluß ein, daß unternehmensintern überlegt wurde, Nebenwirkungen wie Mord und Mordversuch in den Beipackzettel aufzunehmen.8

Fazit: Die heute von Upjohn propagierte Dosierung von 0,125 mg bzw. 0,25 mg Triazolam (HALCION) ist nach schriftlicher Bestätigung der Firma gegenüber der FDA nicht hinreichend wirksam. Dies und die für solche Dosierungen dokumentierten schweren Störwirkungen lassen keine Anwendungsnische für Triazolam übrig. Das generelle Verbot von Triazolam in allen Ländern der Europäischen Gemeinschaft ist die notwendige Konsequenz.


© 1991 arznei-telegramm

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