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ABFÜHRMITTELMISSBRAUCH – WAS TUN?

Welche Möglichkeiten sehen Sie für die Entwöhnung nach Mißbrauch anthrachinonhaltiger Abführmittel? Dieses Problem beschäftigt uns sehr seit Beginn der Apothekenpflicht für diese Mittel. Jahrzehntelange Einnahme der entsprechenden Drogen ist die Regel. Meistens werden Mischungen von gleichen Teilen Sennesblättern und -schoten verlangt, teils als Tee, mehr aber noch als Pulver. Hinweise unsererseits werden mit den zu erwartenden Bemerkungen über die Gewöhnung beantwortet, auch seien zum Beispiel die Kaliumwerte normal... Unsere Erfahrungen mit Entwöhnungsplänen, den Patienten auch schriftlich mitgegeben, sind negativ.

Dr. T. RASCHE
Schloß-Apotheke
W-4000 Düsseldorf 30


Abführmittelmißbrauch begünstigt durch Kaliumverarmung Obstipation. Anthrachinonhaltige Mittel (Präparate mit Aloe, Faulbaumrinde, Rhabarber, Sennesblätter und -schoten) schädigen zudem die Innervation des Plexus myentericus zum Teil irreversibel. Im Endstadium ist der Darm ein funktionsloses Rohr (RIEMANN, J. F. et al.: intern. prax. 23 [1983], 155). Abführmittelverwender müssen eindringlich auf dieses Risiko der oft verharmlosend als "natürlich" oder "rein pflanzlich" bezeichneten Laxantien hingewiesen werden. Die Präparate sind ggf. sofort abzusetzen. Im Gespräch ist nach den Ursachen der mißbräuchlichen Dauereinnahme zu forschen, die möglicherweise auf falschen Vorstellungen zur Stuhlfrequenz beruht, aber auch medikamentenbedingt (Anticholinergika, Psychopharmaka, Antihistaminika, Opioide etc.) sein kann. Etwa zugrundeliegende Erkrankungen (Schilddrüsenunterfunktion, Tumoren im Magen-Darm-Trakt etc.) sind auszuschließen bzw. zu behandeln.

Meist bereitet eine Entwöhnung von Laxantien wenig Probleme. Mehr Bewegung sowie Gewichtsreduktion unterstützen die Bemühungen, den Darm wieder "abführmittelunabhängig" zu machen. Von besonderer Bedeutung ist die Umstellung von ballaststoffarmen Nahrungsmitteln wie Weißbrot auf ballaststoffreiche Kost (Getreide, Gemüse, frisches Obst). Diese fördert – gegebenenfalls unterstützt durch Pflanzenfasern (Weizenkleie, Quellmittel) – über eine Volumenzunahme die Dehnung des Darmes und damit die Darmperistaltik – sofern der Darm noch nicht zu sehr geschädigt ist. Reichliche Flüssigkeitszufuhr verhindert ein Hartwerden des Darminhaltes.

Im Einzelfall kann plötzliches Absetzen von Laxantien einen Subileus oder Ileus auslösen. Wenn nach mehrtägigem Warten eine Defäkation nicht in Gang kommt, sind Arzneimittel angezeigt, meist Einläufe, mitunter auch Darmwand-reizende Stoffe wie Bisacodyl (DULCOLAX u.a.). Ist die Ansprechbarkeit des Rektums auf einen Dehnungsreiz herabgesetzt, bringen Glyzerinsuppositorien (GLYCILAX) mitunter Erleichterung. Dies muß die Ausnahme bleiben (–Red.).


© 1991 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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