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Therapiekritik

SÄUREBLOCKER OMEPRAZOL (ANTRA): VORTEILE GEGENÜBER H2-ANTAGONISTEN?

"Wahrscheinlich heilen Ulzera am Duodenum, möglicherweise auch am Magen, unter Omeprazol (ANTRA) schneller ab als unter H2- Antagonisten". Diese Einschätzung (a-t 12 [1989], 110) steht im Einklang mit neueren Studienergebnissen:

Unter 20 bzw. 40 mg Omeprazol heilten Duodenalulzera innerhalb von vier Wochen mit 91% gegenüber 80% häufiger ab als unter täglich 300 mg Ranitidin (SOSTRIL, ZANTIC).1,2 77% gegenüber 59% der Patienten waren nach zwei Wochen schmerzfrei.1 Dagegen heilten Magengeschwüre nach acht Wochen unter 40 mg Omeprazol mit 93% gleich häufig ab wie unter 300 mg Ranitidin mit 97%.2 Nach einer Metaanalyse bisheriger Studien lassen sich jedoch beim Magenulkus mit Omeprazol die höchsten Abheilraten erzielen.3

Klinisch sind die Unterschiede der Abheilraten wenig bedeutsam, da Komplikationen (z.B. Perforationen und Blutungen) nicht verhindert werden und die Rezidivraten nach einer Therapie mit Omeprazol und H2-Blockern gleich sind.2

Therapierefraktäre Dünndarmulzera, die auf 8- bis 12wöchige H2-Blockerbehandlung nicht ansprachen, heilten in offenen, unkontrollierten Studien nach sechs Wochen unter täglich 40 mg Omeprazol zu 94 bis 96% ab.4,5 Im weiteren Verlauf heben sich die Unterschiede auf: In der bisher einzigen kontrollierten, multizentrisch angelegten Studie entsprechen die Erfolgsraten bei Personen mit refraktären Duodenalulzera (6 Wochen H2-Blokker) nach weiteren vier Wochen unter täglich 300 mg Ranitidin denen von 20 mg Omeprazol pro Tag (68% gegenüber 71%). Die Symptome wurden gleich gut beeinflußt.6 Damit steht der Beleg einer Überlegenheit von Omeprazol bei therapierefraktären Ulzera aus.

Bei akuten oberen Magen-Darm-Blutungen schien Omeprazol in einer kontrollierten Studie an 39 Patienten Ranitidin deutlich überlegen zu sein (Blutstillung nach 6 Tagen 84% gegenüber 15%).7 Die Blutstillungsrate unter Ranitidin ist jedoch unerklärlich gering und liegt wesentlich unter den aus plazebokontrollierten Studien bekannten spontanen Blutstillungsraten (60 bis 70% nach 5 bis 6 Tagen). In der einzigen weiteren multizentrisch angelegten, bisher nur als Abstract veröffentlichten Studie fanden sich bei mehr als 1.000 Patienten nach drei Tagen unter vergleichbaren Omeprazol-Dosen nur gering verminderte Zeichen aktiver Blutung im Vergleich zu Plazebo (14,4% gegenüber 10%). Wichtige Therapieziele wie Transfusionsbedarf, Rezidivblutungsrate und Notwendigkeit zur Operation blieben unbeeinflußt.8 Aus ungeklärten Gründen verstarben in der Omeprazol-Gruppe tendenziell sogar mehr Patienten (40 gegenüber 30). Die Überlegenheit von Omeprazol bei oberen Magen-Darm-Blutungen bleibt weiter fraglich.

Zur Risiko-Nutzen-Abwägung bleibt zu klären, ob Omeprazol durch reaktive Hypergastrinämie neben Hyperplasien der enterochromaffinen Zellen beim Menschen – wie in Tierversuchen – Karzinoide des Magens auslösen kann. Im vergangenen Jahr geriet der Säureblocker zudem in Verdacht, genotoxisch zu wirken.9 Entsprechende Hinweise beruhten jedoch auf nicht etablierten und in der wissenschaftlichen Diskussion umstrittenen Nachweisverfahren. Die in den USA und der EG geforderten Standardmethoden waren ohne Befund.10

Nach einer neueren Studie induziert Omeprazol im Lebergewebe (in vivo und vitro) einen bestimmten Cytochrom-P450-Subtyp und verstärkt die Aktivität assoziierter Monooxygenasen. Neben einer beschleunigten Metabolisierung von Parazetamol (und Phenazetin) aktiviert dieses Enzymsystem bestimmte Prokarzinogene (polyzyklische und aromatische Kohlenwasserstoffe). Deshalb könnte Omeprazol die Lebertoxizität von Parazetamol durch Vermehrung toxischer Metabolite erhöhen und zu einer vermehrten Bildung von Karzinogenen führen (z.B. bei Rauchern, auf Holzkohle gegrillten Speisen).11 Die klinische Relevanz dieser Befunde läßt sich noch nicht einschätzen. Sie mahnen jedoch zur zurückhaltenden Verwendung von Omeprazol.

FAZIT: Nach derzeitigem Wissensstand bleiben u.E. das ZOLLINGER-ELLISON-Syndrom und höhere Grade einer Refluxösophagitis einzige Indikationen für den Protonenpumpenblocker Omeprazol (ANTRA). Ein Vorteil bei refraktären Ulzera und akuten oberen Magen-Darm-Blutungen ist bislang nicht belegt.

Da sich eine Tumorigenität von Omeprazol nicht ausschließen läßt, sollte es nicht bei unkomplizierten Magen- und Duodenalulzera verwendet werden, zumal die Vorteile gegenüber H2-Antagonisten klinisch wenig relevant sind.


© 1991 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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