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Nebenwirkungen

LIPIDSENKER: NEUE "STATINE" IM VERTRÄGLICHKEITSVERGLEICH

Seit Juni 1990 ist mit Simvastatin (DENAN, ZOCOR) neben Lovastatin (MEVINACOR) der zweite HMG-CoA-Reduktasehemmer erhältlich. Beide Wirkstoffe werden bei Fettstoffwechselstörungen mit diätetisch nicht einstellbarem erhöhten LDL-Serumcholesterin eingesetzt. Sie stammen aus der MSD-Forschung und sollen sich – schenkt man dem Dieckmann-Sprecher bei der Einführungskonferenz in Berlin Glauben – weder in der Wirkung noch in den Nebenwirkungen unterscheiden.1 Unterschiede in Art und Häufigkeit von Störwirkungen können auf der unterschiedlichen Erfahrungstiefe für die beiden eingeführten "Statine" beruhen. Wegen des grundsätzlich neuen Wirkmechanismus (vgl. a-t 2 [1988], 18) ist besondere Aufmerksamkeit bei der Beobachtung der unerwünschten Effekte erforderlich.

Am häufigsten kommen Magen-Darm-Störungen wie Durchfall, Verstopfung, Bauchschmerzen, Blähungen und Übelkeit vor (vgl. a-t 2 [1988], 18), ferner Hautausschlag, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Müdigkeit und Sodbrennen.2,3 Zusätzlich werden nach Lovastatin Juckreiz, verschwommenes Sehen und Schwindel genannt.2

Wichtige unerwünschte Wirkungen betreffen Leber und Muskeln. Bei 1,5-2% der Patienten steigen die Transaminasen an. Die Werte können sich unter fortgesetzter Therapie normalisieren.2 Werte um das Dreifache der Norm sollten zum Therapieabbruch führen. Bei einem Patienten ergab eine Leberbiopsie eine fokale Hepatitis.2 Ein Kollege berichtet uns über eine toxische Hepatitis unter Lovastatin (NETZWERK-Fall Nr. 3460).

Einige Wochen bis zu zwei Jahre nach Therapiebeginn kann die Kreatinkinase unter Lovastatin und Simvastatin ansteigen und eine Myopathie mit Muskelschmerz und/oder -schwäche auftreten sowie Myoglobinurie und akutes Nierenversagen.7

Unserem NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION gingen auffällig häufig Meldungen über Muskelschmerzen (Fall-Nr. 3382, 3384, 3767, 3810, 3879) und Muskelschwäche (Nr. 3795) bzw. Kreatinkinase-Anstieg (Nr. 3752) durch Lovastatin zu.

Die unerwünschten Wirkungen sind auch für Fibratlipidsenker wie Gemfibrozil (GEVILON) bekannt, scheinen aber bei "Statinen" häufiger bzw. schwerwiegender zu sein. Vorsicht: Bei gleichzeitiger Therapie mit dem Immunsuppressivum Ciclosporin (SANDIMMUN), Fibraten oder Nikotinsäure (NICONACID) bzw. einer Kombination dieser Medikamente kommt dies häufiger vor. Treten plötzlich Muskelschmerzen oder - schwäche in Verbindung mit oder ohne Kreatinkinase-Anstieg auf oder besteht eine Prädisposition zu Rhabdomyolyse oder Nierenversagen, sind Lovastatin bzw. Simvastatin abzusetzen.2

Da Cholesterin als Ausgangssubstanz für die Steroidhormonsynthese dient, ist eine eingeschränkte Hormonproduktion durch HMG- CoA-Reduktase-Hemmer denkbar.4 In einer Plazebo-kontrollierten Studie mit 24 Patienten war unter Simvastatin die Kortisolproduktion nach ACTH- Stimulation eingeschränkt.5 Nach Lovastatin trat bei einem 38jährigen Mann eine reversible Hypospermie auf.6

Ein Patient erlitt in Verbindung mit der Einnahme von Lovastatin einen vollständigen Geruchs- und Geschmacksverlust (NETZWERK-Fall 3677).

In hohen Dosen verursachte Lovastatin Katarakt bei Hunden, scheint jedoch die menschliche Linse nicht zu schädigen. Vorsichtshalber werden Spaltlampenuntersuchungen vor Behandlungsbeginn und einmal jährlich während der Therapie empfohlen.2

Die Tageshöchstdosis von 80 mg Lovastatin bzw. 40 mg Simvastatin darf nicht überschritten werden. Störwirkungen nehmen ohne Gewinn an therapeutischer Wirksamkeit deutlich zu. Empfohlen wird in diesen Fällen die Kombination mit einem Austauscherharz wie Colestyramin (QUANTALAN).7

FAZIT: Die zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen bestimmten HMG-CoA-Reduktasehemmer Lovastatin (MEVINACOR) und Simvastatin (DENAN, ZOCOR) sollen sich weder in der Wirkung noch in den Nebenwirkungen unterscheiden. Für Simvastatin liegen weniger Beobachtungen vor. Ein Transaminasen- und Kreatinkinase-Anstieg ist nach beiden Medikamenten möglich. Nach Lovastatin wurden fokale Hepatitis und Myopathien bis hin zur Rhabdomyolyse beobachtet. Nach den Ergebnissen einer Studie ist eine Einschränkung der Steroidhormonsynthese durch Simvastatin möglich.


© 1990 arznei-telegramm

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