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Kurz und bündig

Wadenkrämpfe – erneut kein Nutzen von Magnesium

Magnesiumhaltige Produkte sind mit einem Absatz von mehr als 40 Millionen Packungen pro Jahr in Deutschland die beliebtesten Nahrungsergänzungsmittel.1 Hinzu kommen jährlich rund 6 Millionen verkaufte Packungen rezeptfreier Magnesium-Arzneimittel. Eines der Leiden, gegen das Magnesium helfen soll, sind Wadenkrämpfe. Belegt ist das nicht. In einer ersten kleinen randomisierten Studie von 1995 mit 73 schwangeren Frauen nehmen die Muskelkrämpfe unter Magnesiumsupplementierung zwar signifikant ab. Dieses Ergebnis wird aber in zwei späteren randomisierten Studien mit Schwangeren nicht bestätigt. Vier Studien bei Älteren zeigen ebenfalls keinen Vorteil des Minerals.2 Jetzt wird erneut eine randomisierte Studie zu Magnesium bei nächtlichen Wadenkrämpfen vorgelegt. Geprüft wird hier eine Magnesiumoxid-Zubereitung (hierzulande MAGNESIUM SANDOZ u.a.), die Studie wird vom Hersteller des Produkts gesponsert. 94 im Mittel 65 Jahre alte Patienten mit mindestens vier nächtlichen Wadenkrämpfen während einer zweiwöchigen Screeningphase nehmen an der Studie teil. Zu den Ausschlussgründen gehören Schwangerschaft, ein Serumkreatinin über 2 mg/dl und schwere neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose. Nach der ersten geplanten Zwischenanalyse und Aufnahme von etwa der Hälfte der angestrebten Teilnehmerzahl wird die Studie wegen Nutzlosigkeit vorzeitig abgebrochen. Unter der vierwöchigen Einnahme von täglich 520 mg Magnesium sinkt die mittlere Zahl der wöchentlichen Wadenkrämpfe von 7,84 um 3,41, unter Plazebo von 8,51 um 3,03 (primärer Endpunkt, p = 0,67). Auch im Hinblick auf Schwere und Dauer der Krämpfe sowie die Lebensqualität, gemessen mit SF-36*, und die Schlafqualität, gemessen mit PSQI*, ergibt sich kein Unterschied.3 Wadenkrämpfe sollten – neben der Behebung möglicher Ursachen – nichtmedikamentös mit Dehnung der Wadenmuskulatur u.a. behandelt werden. Auch für Chinin (LIMPTAR N) sehen wir hier aufgrund des Potenzials lebensbedrohlicher Störwirkungen bei unbefriedigender Nutzendokumentation keine Indikation (a-t 2014; 45: 4), –Red.

* SF-36 = Short Form-36 : Fragebogen mit 36 Fragen zum Gesundheitsstatus
PSQI = Pittsburgh Sleep Quality Index : Fragebogen zur Schlafqualität
 (R = randomisierte Studie, M = Metaanalyse)
1 Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V.: Pressemitteilung vom 4. Nov. 2016; http://www.a-turl.de/?k=arkr
M  2 GARRISON, S.R. et al.: Magnesium for skeletal muscle cramps. Cochrane Database of Systematic Reviews, Stand Okt. 2011, Zugriff März 2017
R  3 MAOR, N.R. et al.: JAMA Intern. Med., online publ. am 20. Febr. 2017; doi: 10.1001/jamainternmed.2016.9261 (7 Seiten)

© 2017 arznei-telegramm, publiziert am 10. März 2017

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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