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Kurz und bündig

Warnung vor Q-Fieber durch Frischzellen

Die US-amerikanischen Centers for Disease Control (CDC) berichten soeben von mehreren US-Bürgern, die sich im Mai 2014 in Rheinland-Pfalz mit intramuskulären Frischzellen behandeln ließen - homogenisiertem Gewebe von Schafsfeten und Schafen, das unter anderem als Anti-Aging oder gegen Verschleißkrankheiten angeboten wird. Fünf Personen entwickelten anschließend Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen u.a. und wurden positiv auf Coxiella burnetii getestet,1 dem Erreger von Q-Fieber. Auch eine Kanadierin, die ebenfalls im Mai 2014 in Rheinland-Pfalz Frischzellen erhielt, erkrankte an Q-Fieber.2 Ebenfalls 2014 erreicht ein Bericht eines Münchener Arztes die deutschen Behörden: Q-Fieber bei einer 79-Jährigen. Auch sie erhielt in Rheinland-Pfalz Frischzellen. Da dem Paul-Ehrlich-Institut bis Ende 2014 lediglich ein Bericht über eine in Deutschland festgestellte Q-Fieber-Infektion nach Injektion von Frischzellen zugegangen ist, und in den USA bzw. in Kanada immerhin insgesamt sieben Patienten mit Infektion diagnostiziert wurden, die in Deutschland Frischzellen erhielten, gehen wir von einer beträchtlichen Dunkelziffer hierzulande nicht erkannter bzw. nicht gemeldeter Ereignisse aus. Q-Fieber ist eine Zoonose, die akut mit Fieber, Schüttelfrost, Muskel- und Kopfschmerzen beginnt und schwerwiegend verlaufen kann. Der Nachweis von Coxiella burnetii ist meldepflichtig. Mittel der Wahl ist Doxycyclin (DOXY-CT u.a. Generika) für zwei bis drei Wochen.1 Nutzenbelege für die Therapie mit Frischzellen gibt es nicht.1 Schwere Schadwirkungen wie Anaphylaxie, Vaskulitis, Enzephalitis, Polyradikulitis, Infektionen, Parese und Tod sind dokumentiert.1 Das Inverkehrbringen von Fertigarzneimitteln mit Frischzellen zur Injektion oder Infusion ist hierzulande seit 1997 verboten.3 Anlässlich einer Verfassungsbeschwerde stellte das Bundesverfassungsgericht jedoch klar, dass Frischzellen, die von Ärzten hergestellt und unmittelbar injiziert werden, angewendet werden dürfen.4 Angesichts der eindeutig negativen Nutzen-Schaden-Bilanz sollte die potenziell lebensgefährliche Quacksalberei, die seit den 1930er Jahren Verbreitung gefunden hat, endlich verboten werden, -Red.

1 CDC: MMWR 2015; 64: 1071-3; http://www.a-turl.de/?k=emch
2 CUSSLER, K. et al.: Bull. z. Arzneimittelsicherheit 2014 (Nr. 4): 13-5; http://www.a-turl.de/?k=chmi
3 Bundesministerium für Justiz: Frischzellen-Verordnung, 4. März 1997; http://www.a-turl.de/?k=undh
4 Bundesverfassungsgericht: Urteil vom 16. Febr. 2000 zum Herstellungsverbot von Frischzellen, 1 BvR 420/97; http://www.a-turl.de/?k=lsle

© 2015 arznei-telegramm, publiziert am 16. Oktober 2015

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