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Korrespondenz

IMMUNOBON GEGEN HEUSCHNUPFEN?

Das Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke IMMUNOBON wird als wissenschaftlich belegte Alternative zur Beruhigung von Heuschnupfen beworben. Gibt es eine Evidenz für die Behandlung allergischer Beschwerden mit dem Präparat?

Dr. med. T. DONEITH (Facharzt für Allgemeinmedizin)
D-72072 Tübingen
Interessenkonflikt: keiner

Bei IMMUNOBON handelt es sich um Lutschtabletten, die Molkeproteinisolat, Zink, Vitamin A und Eisensaccharat enthalten.1 Anders als „Nahrungsergänzungsmittel“, bei denen es sich prinzipiell ebenfalls um Lebensmittel handelt, sind „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten)“ zum Diätmanagement von Patienten vorgesehen,2 IMMUNOBON konkret bei solchen mit allergischer Rhinitis.1 Sie unterliegen wie Nahrungsergänzungsmittel – aber im Unterschied zu Arzneimitteln – keiner Zulassungspflicht und können ohne behördliche Prüfung in den Verkehr gebracht werden. Bilanzierte Diäten dürfen theoretisch zwar nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden,2 sind aber wie IMMUNOBON frei verkäuflich. Laut Anbieter Bencard Allergy können die darin enthaltenen Molkeproteine „gezielt Mikronährstoffe wie Vitamin A, Zink und Eisen zu den Immunzellen transportieren“. Dadurch könne „der spezifische Nährstoffbedarf von Menschen mit allergischer Rhinitis gedeckt werden“. Sie sollen mindestens drei Monate lang täglich gelutscht werden.1

In einem Positionspapier zur Charakterisierung von bilanzierten Diäten haben das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 2016 deutlich gemacht, dass die Wirksamkeit bilanzierter Diäten durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen ist. Zuständig für die Prüfung sind allerdings die für die Lebensmittelüberwachung verantwortlichen Landesbehörden.2

Wir finden zu den Tabletten lediglich eine randomisierte plazebokontrollierte Doppelblindstudie3 an 58 Frauen mit Birken- oder Gräserpollenallergie. Im primären Endpunkt, einem nasalen Provokationstest, wird zwar ein signifikanter Effekt beschrieben. Da es sich dabei aber lediglich um eine kleine monozentrische Pilotstudie handelt, in der für den primären Endpunkt zudem nur 59% der Teilnehmerinnen (n = 34) ausgewertet werden, lässt sich ein Nutzen aus dieser Untersuchung nicht ableiten.

60 IMMUNOBON Lutschtabletten, die bei Erwachsenen für einen Monat ausreichen, kosten 34,95 € (unverbindliche Preisempfehlung).

IMMUNOBON Lutschtabletten sind zur Anwendung bei allergischer Rhinitis vorgesehen. Hinreichende Nutzenbelege für dieses frei verkäufliche Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät), das nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden darf, finden wir nicht.

(R = randomisierte Studie)
1Bencard Allergy: Produktinformation IMMUNOBON, Stand Dez. 2021
2BVL, BfArM: Positionspapier, Sept. 2016; https://a-turl.de/wx7s
R3BARTOSIK, T. et al.: J. Allergy Clin. Immunol. Pract., online publ. am 6. März 2022; https://a-turl.de/gyt6

© 2022 arznei-telegramm, publiziert am 13. Juni 2022

Autor: angegebene Leser bzw. Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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