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Kurz und bündig

Thrombozytenreiches Plasma bei Sportverletzungen - Nutzen unzureichend belegt

Akute Muskelverletzungen wie Kontusionen, Zerrungen und Muskelfaserrisse führen bei Sportlern oft zu unerwünschten Trainingspausen. Therapieoptionen reichen von konservativen Maßnahmen (z.B. Kühlen, Hochlagern, Physiotherapie) bis hin zu operativen Verfahren.1 Immer häufiger wird bei muskulären Läsionen und anderen Verletzungen des Stütz- und Bewegungsapparates (z.B. Sehnen, Bänder, Knorpel) auch so genanntes thrombozytenreiches Plasma, das durch Zentrifugieren von Eigenblut gewonnen wird, in das verletzte Gewebe injiziert.2-4 Unter der Vorstellung, dass die im Plasma enthaltenen Thrombozyten nach Aktivierung eine Vielzahl von Wachstumsfaktoren produzieren, soll die Injektion des autologen Blutproduktes Regenerationsprozesse und Angiogenese im verletzten Gewebe fördern und die Heilung beschleunigen.2,3 Zur Anwendung bei akuten Muskelverletzungen wurde unseres Wissens bislang nur eine kleine randomisierte klinische Studie mit 30 Profisportlern veröffentlicht,5 die zwar einen Vorteil beschreibt, deren Aussage wegen erheblicher methodischer Mängel - offene Durchführung und fehlende verblindete Erhebung subjektiver Endpunkte, fehlende Definition des primären Endpunkts - aber nicht verwertbar ist. Jetzt prüft eine randomisierte doppelblinde plazebokontrollierte Studie4 das autologe Blutprodukt bei 80 überwiegend männlichen (95%) Freizeit- und Profisportlern mit erst- bis zweitgradigen* akuten Verletzungen der dorsalen Oberschenkelmuskulatur. Durch Fremdeinwirkung bedingte Traumata sind von der Studie ausgeschlossen.4 Die Studienteilnehmer erhalten innerhalb von fünf Tagen nach der Verletzung sowie fünf bis sieben Tage später jeweils eine Injektion mit thrombozytenreichem Plasma oder Kochsalzlösung in den betroffenen Muskel. Gleichzeitig absolvieren sie ein Rehabilitationsprogramm. Gemessen an der Zeit bis zur Wiederaufnahme des Trainings (primärer Endpunkt) bringt die Anwendung des thrombozytenreichen Plasmas gegenüber Plazebo keinen Nutzen: Im Median können alle Patienten nach 42 Tagen wieder trainieren (Hazard Ratio [HR] 0,96; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,61-1,51). Auch die Rate erneuter Verletzungen innerhalb von zwei Monaten nach Wiederbeginn der sportlichen Aktivitäten (sekundärer Endpunkt), ist mit 16% unter Plasma versus 14% unter Plazebo nahezu identisch (Odds Ratio [OR] 1,17; 95% CI 0,33-4,18). Schwere unerwünschte Wirkungen sind unter dem Eigenblutprodukt nicht beschrieben.4 Für den Gebrauch von plättchenreichem Plasma bei akuten und chronischen Verletzungen des Sehnen- und Bandapparates (z.B. Tennisarm) finden die Autoren einer Cochrane-Übersicht ebenfalls keine hinreichenden Nutzenbelege.2 Beim derzeitigen Kenntnisstand raten wir von einer Therapie mit thrombozytenreichem Plasma bei Sportverletzungen ab, -Red.

* Grad I: Zerreißen weniger Muskelfasern, geringer Funktionsverlust.1,6
Grad II: Größere Rupturen mehrerer Muskelfasern mit deutlich eingeschränkter Funktion.1,6
Grad III: Ruptur des gesamten Muskels oder Sehnenabriss.4,6
 
  (R = randomisierte Studie, M = Metaanalyse)
1 GILLE, J. et al.: Dtsch. Z. Sportmed. 2013; 64: 98-102
M  2 MORAES, V.Y. et al.: Platelet-rich therapies for musculoskeletal soft tissue injuries. Cochrane Database of Systematic Reviews, Stand Juni 2013, Zugriff Juli 2014
3 DHILLON, M.S. et al.: Indian J. Orthop. 2014; 48: 1-9
R  4 REURINK, G. et al.: N. Engl. J. Med. 2014; 370: 2546-7
R  5 BUBNOV, R. et al.: Med. Ultrason. Funkt. 2013; 15: 101-5
6 ROPIAK, R et al.: Bull, NYU Hosp. Jt. Dis. 2012; 70: 41-8

© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 22. August 2014

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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