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Kurz und bündig

Arzneimittelwerbung – reicht „ein bisschen kritisch sein"1?

Wie Pharmahersteller Erkältungsmittel vom Typ WICK MEDINAIT bewerben und vermarkten (e a-t 3/2014), sieht der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eher locker: „Hier übertreibt die Werbung vielleicht etwas, seien es Waschmittel oder seien es irgendwelche anderen Produkte. Da muss auch der Verbraucher ein bisschen kritisch sein.”1 Ähnlich locker sehen es offensichtlich auch Landesbehörden, die für die Überwachung der Pharmafirmen und deren Werbung zuständig sind. Wir haben vielfach erfahren müssen, dass Landesbehörden Firmen noch nicht einmal abmahnen, wenn Anzeigen wegen auffälliger Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz vorliegen (a-t 2004; 35: 91-2). Geht es beispielsweise nach dem Regierungspräsidium Tübingen, ist es mit dem Heilmittelwerbegesetz vereinbar,2 wenn die Teva GmbH Fachkreisen „Erstaunliches und Wissenswertes” über den Erektionsförderer Sildenafil (VALEDONIS) offeriert und das Mittel off label als „Tuning für das Gehirn” oder „Sportler Doping” anpreist3 – jeweils mit Begründung und Quellenangabe (a-t 2013; 44: 103). Unseres Erachtens muss jedoch Pharmawerbung grundsätzlich korrekt formuliert sein, denn es geht um die Gesundheit und nicht um die weißeste Wäsche. Dass nicht jede Werbebehauptung hingenommen werden muss, macht das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht vor. Es bestätigt soeben eine Abmahnung, in der die Werbung für das Milchsäurebakterien-Präparat LACTEOL – „stoppt Durchfall” – als irreführend beanstandet wird. „Diese Werbung ist unzulässig, wenn das Medikament den Durchfall nicht binnen weniger Stunden beendet”, begründet das Gericht die Entscheidung.4 Der Anbieter Pohl-Boskamp hat den Slogan auf Grund des Verfahrens inzwischen in „bekämpft Durchfall” umformuliert.4 Wenigstens ein kleiner Schritt zu weniger Irreführung. So manche andere Werbesprüche halten wir ebenfalls für korrekturbedürftig: So beansprucht Hexal für das Pelargoniumextrakt-haltige PELASYA „belegte Wirksamkeit”5 – für ein Mittel, das lediglich mit Verweis auf traditionelle Anwendung angeboten wird, ein Widerspruch in sich. Und Steigerwald verspricht für den Eibischhustensaft PHYTOHUSTIL „Reizhusten? Sofort wirksam!”6 Die von der Firma auf Anfrage zur Verfügung gestellte unkontrollierte Anwendungsbeobachtung7 kann einen solchen Blitzeffekt jedenfalls nicht belegen, –Red.

1 SCHWERDTFEGER, W.: in Frontal21 (ZDF) vom 11. März 2014 http://www.a-turl.de/?k=lott
2 Regierungspräsidium Tübingen: Schreiben vom 14. März 2014
3 Teva: VALEDONIS-Broschüre „Kurios, skurril, Sildenafil”, 2013
4 OLG Schleswig-Holstein: Pressemitteilung vom 20. März 2014 http://www.a-turl.de/?k=inzh
5 Hexal: PELASYA-Werbung: Pharm. Ztg. 2014; 159: 963
6 Steigerwald: PHYTOHUSTIL-Werbung, Pharm. Ztg. 2013; 158: 3465
7 FASSE, M. et al.: päd. (11) 2005: 3-8

© 2014 arznei-telegramm, publiziert am 11. April 2014

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