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Nebenwirkungen

BFARM UND FUMADERM
... Risikomanagement nach wie vor unzureichend

Anfang Juni hat uns das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgefordert, eine Gegendarstellung zu unserem Artikel über progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) in Verbindung mit dem Fumarsäureestergemisch FUMADERM aus der Maiausgabe des arznei-telegramm abzudrucken.1 Diese ist zwar insofern gegenstandslos, als sie wesentliche Kriterien einer Gegendarstellung ignoriert. Inhaltlich halten wir das Schreiben jedoch für interessant, da es Einblicke in die Denk- und Arbeitsweise der Behörde gibt. Zu unserem Untätigkeitsvorwurf in Bezug auf Maßnahmen zur Risikoabwehr, den wir im Übrigen im Juni-a-t zugespitzt haben (a-t 2013; 44: 55), stellt das BfArM fest:

„Entsprechende Publikationen über PML im Zusammenhang mit der Anwendung von FUMADERM erfolgten am 25. April 2013 im New England Journal of Medicine... Maßnahmen wurden im Mai 2013 unverzüglich eingeleitet. Die Maßnahmen und deren Umsetzung befinden sich derzeit in der Abstimmung mit dem pharmazeutischen Unternehmer, deshalb können wir dazu zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Angaben gegenüber dem arznei-telegramm machen... Zusammenfassend ist der Vorwurf der Untätigkeit daher haltlos und wird von BfArM zurückgewiesen.”1

Berichte über PML in Verbindung mit dem Fumarsäureestergemisch sind dem BfArM jedoch bereits seit mindestens 2009 bekannt. Dort schlummerten sie offensichtlich in der Datenbank, bis Anfragen des a-t im März 2013 und zwei Veröffentlichungen im New England Journal of Medicine im April 2013 die Dringlichkeit überfälliger Maßnahmen zur Risikoabwehr erkennen ließen. „Unverzüglich” reagierte die Behörde allerdings nur, als sie einen der PML-Verdachtsberichte innerhalb weniger Tage nach seiner Publikation aus ihrer neuerdings öffentlich zugänglichen Datenbank entfernte (vgl. a-t 2013; 44: 47-8). Und auch für den Versuch einer Gegendarstellung blieb ihr offenbar genug Zeit, während eine Risikoinformation für Ärzte und Patienten weiter auf sich warten ließ.

Erst am 25. Juni 2013 versandte der Anbieter biogen idec endlich einen Rote-Hand-Brief, in dem „drei Einzelfallberichte von progressiver multifokaler Leukenzephalopathie”, ein Kaposi-Sarkom sowie ein Bericht über Nokardiose bei FUMADERM-Anwendern, „bei denen eine schwere Lymphopenie diagnostiziert wurde”, erwähnt werden.2 Ob sich das Risiko opportunistischer Infektionen „durch Einhaltung regelmäßiger Laborkontrollen und weiterer Warnhinweise” tatsächlich „vermeiden” lässt, wie in der Überschrift des Schreibens behauptet, bleibt abzuwarten. Zudem wurde die Fachinformation des Fumarsäureestergemisches noch immer nicht aktualisiert – dies sei „in Vorbereitung”.2 Auf der Homepage der Firma finden Ärzte noch immer die Version von 2012 (!), nach der es „bisher … keine Hinweise” gebe, dass die hämatologischen Veränderungen zu opportunistischen Infektionen führen.3** Zudem wird dort in einer Anleitung zur Durchführung der Therapie, in der die „große Langzeitsicherheit” des Präparates betont wird, zwar ausführlich auf den Umgang mit gastrointestinalen Verträglichkeitsproblemen eingegangen.4 Die sehr häufigen Blutschäden werden jedoch mit keinem Wort erwähnt. Auch den Rote-Hand-Brief sucht man auf der Homepage des Anbieters vergeblich. Sieht so ein adäquates Risikomanagement aus? – Red.

1 BfArM: Schreiben vom 7. Juni 2013; http://www.arznei-telegramm.de/blitz-pdf/Schreiben_des_BfArM_07062013.pdf
2 biogen idec: Rote-Hand-Brief vom 25. Juni 2013 http://www.bfarm.de/SharedDocs/1_Downloads/DE/Pharmakovigilanz/rote HandBriefe/2013/rhb-fumaderm.pdf?__blob=publicationFile
3 biogen idec: Fachinformation FUMADERM, Stand Juni 2012
4 biogen idec: Arztinformation zur Therapiedurchführung, http://www.psoriasis-support.de/fumaderm/arztinformation/therapiedurchfuehrung/content-129357.html (Login erforderlich, z.B. DocCheck)

* Vorversion am 10. Juni 2013 als blitz-a-t veröffentlicht.
** Die Version im Fachinfo-Service der Rote Liste Service GmbH (www. fachinfo.de) datiert gar vom Febr. 2009.

© 2013 arznei-telegramm, publiziert am 5. Juli 2013

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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