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Korrespondenz

URO-VAXOM GEGEN REZIDIVIERENDE HARNWEGSINFEKTE?

Kürzlich war eine Pharmavertreterin bei mir mit Werbung für URO-VAXOM. In den 1990er Jahren hat das a-t dieses rezeptpflichtige, aber nicht verordnungsfähige Arzneimittel als fragwürdig eingestuft (a-t 1994; Nr. 2: 19-21). Bei meiner Kurzrecherche (Leitlinien der Urologen, PubMed) sieht es nun so aus, als hätte der E.-coli-Extrakt doch eine günstige Wirkung bei Harnwegsinfekten. Wie denken Sie 2013 über dieses Arzneimittel? Vielleicht eine Option für rezidivierende Fälle, wo es schon reichlich Resistenzen gibt?

Dr. med. G. PAULSEN (Facharzt für Innere Medizin)
D-14199 Berlin
Interessenkonflikt: keiner

Eine vom Anbieter unterstützte, 2009 veröffentlichte Metaanalyse1 zum Nutzen des Escherichia-coli-Lysats URO-VAXOM in der Prophylaxe rezidivierender Harnwegsinfekte schließt fünf Studien ein. Gegenüber Plazebo errechnet sie eine signifikante Minderung der Anzahl von Harnwegsinfekten. Zum Teil dürften in den Studien aber auch asymptomatische Bakteriurien mit erfasst worden sein, die meist nicht behandlungsbedürftig sind: In drei Untersuchungen wird Bakteriurie als Harnwegsinfekt gezählt, in einer weiteren fehlt eine Definition. Lediglich in einem der plazebokontrollierten Vergleiche sind zusätzlich mindestens zwei Symptome nötig, sodass ein klinisch relevanter Endpunkt untersucht wird. In dieser ambulant durchgeführten Doppelblindstudie2 nehmen 453 Frauen mit unkomplizierten rezidivierenden Harnwegsinfekten entweder URO-VAXOM ein oder Plazebo. Die Dosierung erfolgt wie in der URO-VAXOM-Fachinformation vorgeschrieben mit einmal täglich 6 mg E.-coli-Lysat in den ersten drei Monaten sowie an den ersten zehn Tagen des 7., 8. und 9. Monats.

Mit URO-VAXOM ist die Rate an Harnwegsinfektionen innerhalb eines Jahres – einer der primären Endpunkte – mit durchschnittlich 0,8 zwar signifikant niedriger als unter Plazebo (1,3).2 Damit haben die meisten Frauen aber auch unter Plazebo keine rezidivierende Harnwegsinfektion mehr2 – definiert als wenigstens drei symptomatische Episoden pro Jahr oder wenigstens zwei pro Halbjahr.3 Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Rate an Harnwegsinfektionen im Jahr vor Studienbeginn in der URO-VAXOM-Gruppe signifikant niedriger war als in der Plazebogruppe (im Mittel 4,7 vs. 5,2). Wenig aussagekräftig bleibt deshalb auch, dass der Anteil an Frauen mit wenigstens einer Harnwegsinfektion (40% versus 55%, weiterer primärer Endpunkt) geringer sein soll. Insgesamt erscheint uns der Nutzen von URO-VAXOM zur Prophylaxe rezidivierender Harnwegsinfektionen unzureichend belegt, –Red.

  (R =randomisierte Studie, M = Metaanalyse)
M  1 NABER, K.G. et al.: Int. J. Antimic. Agents 2009; 33: 111-9
R  2 BAUER, H.W. et al.: Eur. Urol. 2005; 47: 542-8
3 Deutsche Gesellschaft für Urologie et al.: S-3 Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten, Stand 17. Juni 2010; http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/043-044l_S3_ Harnwegsinfektionen.pdf

© 2013 arznei-telegramm, publiziert am 5. Juli 2013

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