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Kurz und bündig

Physikalische Therapie erste Option bei Kniearthrose mit Meniskusriss

Arthroskopische Operationen bei Gonarthrose mit Spülung und Debridement haben nach randomisierten kontrollierten Studien keinen Vorteil gegenüber Scheinoperationen oder alleiniger konservativer Therapie mit Training und Pharmakotherapie in Bezug auf Gelenkfunktion oder Schmerzen (LAUPATTARAKASEM, W. et al.: Arthroscopic debridement for knee osteoarthritis. Cochrane Database of Systematic Reviews, Stand Nov. 2007, Zugriff Juni 2013). Der Nutzen einer Meniskusoperation bei einem gleichzeitig vorliegenden Meniskuseinriss ist bislang ungewiss, da dieser oft asymptomatisch ist. In einer offenen, randomisierten kontrollierten Studie werden 351 Patienten mit Meniskusläsion und mindestens einem hierfür typischen Symptom sowie in Röntgenbild und/oder Kernspintomographie nachgewiesenen Zeichen arthrotischer Knieveränderungen eingeschlossen. Sie erhalten entweder eine arthroskopische Teilmeniskektomie mit nachfolgender standardisierter Physiotherapie oder werden ausschließlich mit dem gleichen physiotherapeutischen Programm behandelt. Innerhalb von sechs Monaten bessern sich die anhand des WOMAC*-Scores gemessenen Fähigkeiten des Alltags wie Treppensteigen in der operierten Gruppe im Mittel um 21 Punkte, unter Physiotherapie um 19 Punkte (primärer Endpunkt, nicht signifikant). Auch hinsichtlich der Schmerzen ergibt sich kein signifikanter Unterschied. Es nimmt allerdings nur etwa ein Viertel der für die Studie infrage kommenden Patienten teil, zumeist wegen klarer Behandlungspräferenzen der Patienten. Dies schränkt die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ein. 30% (51) der Patienten in der Physiotherapie-Gruppe werden zudem innerhalb der ersten sechs Monate doch noch arthroskopisch operiert, weitere 5,6% (9) bis zum Ende des ersten Jahres. Dieses Cross-over ist im Protokoll gestattet. Funktion und Beschwerden verbessern sich bei den ausschließlich konservativ behandelten im gleichen Ausmaß wie bei den operierten Patienten (KATZ, J.N. et al.: N. Engl. J. Med. 2013; 368: 1675-84). Trotz der Einschränkungen ist das Studienergebnis bemerkenswert: Invasive Maßnahmen bewirken normalerweise einen erheblichen Plazeboeffekt. Da kein Vergleich mit einer "Scheinoperation" durchgeführt wurde, ist der Nutzen der arthroskopischen Intervention gegenüber den Ausgangswerten insgesamt nicht verzerrungsfrei zu beziffern und ist möglicherweise überschätzt. Die Zahl der erfassten Störwirkungen ist in beiden Gruppen gleich, allerdings treten in der Arthroskopiegruppe zwei tiefe Venenthrombosen und eine tödliche Lungenembolie auf. Sowohl die Studienautoren als auch die Autorin eines begleitenden Editorials (BUCHBINDER, R.: N. Engl. J. Med. 2013; 268: 1740-1) sehen eine gute Evidenz dafür, Patienten mit Kniearthrose und Meniskusschaden primär mit physikalischer Therapie zu behandeln, zumal eine andere Studie zum Vergleich operativer oder konservativer Strategien bei Meniskusschaden bei bis zu fünfjähriger Nachbeobachtung ebenfalls keinen Vorteil für das invasive Vorgehen erkennen lässt (HERRLIN, S. et al.: Knee Surg. Sports Traumatol. Arthrose 2007; 15: 393-401 und 2013; 21: 358-64).

*  WOMAC-Score = Patientenfragebogen zu den Bereichen Schmerz (5 Fragen), Steifigkeit (2 Fragen) und Alltagsaktivitäten (17 Fragen). In der Studie wird nur der letzte Teil abgefragt (maximal 100 Punkte). Als minimal klinisch relevant gilt eine Differenz von ca. 10 Punkten.

© 2013 arznei-telegramm, publiziert am 7. Juni 2013

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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